Anleger nützen Kunst der Stunde

Die zwei Top-Auktionshäuser setzten 2014 mehr als 14 Milliarden US-Dollar um. Hält der Trend an?

Einzelne Kunstwerke mit Preisen jenseits der hundert Millionen, Auktionen mit Umsätzen über einer halben Milliarde: Der Kunstmarkt produziert scheinbar Rekorde am laufenden Band. Doch hinter den ständigen Steigerungen verbirgt sich eine frenetische Suche nach immer neuen Kunstwerken, Käufern und Geschäftsmodellen.

Am Dienstag gab Christie’s seinen Jahresumsatz für 2014 bekannt – 8,4 Milliarden US-Dollar, eine Steigerung von 17 Prozent gegenüber dem Vorjahr.

Nicht alles wurde bei Versteigerungen erzielt: "Private Sales", also Privatverkäufe abseits der Öffentlichkeit, verzeichneten 20 Prozent Wachstum, was einen Umsatz von 1,5 Milliarden Dollar ausmacht. Sotheby’s, der schärfste Konkurrent von Christie’s, publizierte einstweilen nur Auktions-Umsätze – mit 6 Milliarden US-Dollar lag das Haus dabei 800 Millionen hinter Christie’s.

Mehr Zeitgenossen

Nicht nur die Geschäftsfelder des Kunstmarkts haben sich verlagert, sondern auch der Geschmack: Die höchsten Umsätze werden heute in der Kategorie Zeitgenössische Kunst erzielt.

In diesem Segment – mit Zugpferden von Francis Bacon bis Jeff Koons – hat Christie’s die Nase vorn. Die New Yorker Auktion des Hauses im vergangenen November war mit 852,9 Millionen Dollar die umsatzstärkste Versteigerung in der Geschichte des Kunstmarktes.

Spekulation

An jenem Abend kamen neben zwei Warhol-Bildern aber auch 37 Werke zum Verkauf, die schon einmal auktioniert worden waren – teils weniger als fünf Jahre zuvor. "Diese Daten stützen den Befund, dass das Top-Segment des Kunstmarkts viel Spekulation produziert", schrieb das Analysten-Büro Skate’s.

Spekulation am Auktionsmarkt ist in der Branche als "Art Flipping" bekannt. Das "schnelle Umdrehen" von Kunst wird bei neuer Malerei fast sportlich betrieben: Werke des US-Künstlers Wade Guyton (*1972) erzielten bei Auktionen bis zu 6 Millionen Dollar – ein Vielfaches dessen, was die Galerie vom Erstkäufer kassiert hatte.

Bei der Frage, wer kauft, verweisen Insider stets auf neuen Reichtum in Ländern, die bisher nicht am internationalen Kunstmarkt teilnahmen. "Als ich 1986 zu Christie’s kam, ging es nur um Europa und die USA", erklärte Jussi Pylkkänen, "Global President" bei Christie’s, im KURIER-Interview. "Dann kam Japan, in den letzten acht Jahren Russland, der Mittlere Osten und asiatische Länder wie Singapur oder Hongkong dazu. Und zuletzt China."

Viele Käufer dieser Regionen sind eher gewillt, in etablierte Kunst zu investieren: So zahlte der chinesische Entertainment-Magnat Wang Zhongjun im Vorjahr 61,76 Millionen US-Dollar für ein Van-Gogh-Stillleben.

Pylkkänen sieht die nächste Wertsteigerungs-Welle bei Kunstkammer-Objekten und Plastiken des 17. und 18. Jahrhunderts: Im Dezember verkaufte Christie’s etwa eine Skulptur von Adriaen de Vries, die lange im Innenhof eines oberösterreichischen Schlosses stand, um 27,8 Millionen Dollar.

Noch Potenzial

Anleger nützen Kunst der Stunde
*Property from an Important Private Collection Claude Monet Le Grand Canal, 1908. oil on canvas 73 by 92cm., 28¾ by 36¼in. signed Claude Monet and dated 1908 (lower right) Estimate: £20,000,000 - 30,000,000 $30,590,000 - 45,890,000 €25,560,000 - 38,330,000
Auch wenn der Jubel über China oder Russland zuletzt leiser wurde – Potenzial für den Kunstmarkt scheint weiter gegeben. Der Branchendienst Larry’s List schätzt, dass weltweit rund 10.000 Personen mehr als 50.000 US-Dollar jährlich für zeitgenössische Kunst ausgeben. Was nur 0,07 Prozent jener Personen ausmacht, die als "reich" gelten. Bei den teuersten Kunstwerken wiederum ist die Luft dünn, erklärt Tobias Meyer, Ex-Auktionator bei Sotheby’s: "Auktionshäuser müssen nur zwei solcher Leute pro Jahr dazugewinnen, und der Markt ändert sich."


Bilder: Die weltweit höchsten Auktionserlöse 2014

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