Alex Katz: "Ich hatte nie viel Temperament"

Alex Katz vor dem Werk „Black Hat #2“ aus dem Jahr 2010. Das Bild ist Teil der Sammlung Batliner, die als Dauerleihgabe zum Bestand der Wiener Albertina gehört
Ein Rundgang mit Malerstar Alex Katz durch seine neue, der Zeichnung gewidmete Schau.

Großformatige Gemälde, breite Pinselstriche, starke Farben. Dafür ist Alex Katz bekannt. "Ich habe aber schon gezeichnet, bevor ich zu malen begann", erzählt der 86-Jährige im KURIER-Gespräch beim Gang durch seine Ausstellung in der Albertina.

Nachdem der US-Künstler dem Museum 2009 sein gesamtes druckgrafisches Werk vermacht hatte, schenkte er dem Haus nun 60 Zeichnungen aus allen Werkphasen. Sie stehen im Zentrum der Albertina-Schau (ab 28. 5.) und geben unmittelbare Einblicke in die Arbeitsweise des Künstlers.

Linie und Fläche

In der Ausstellungshalle geht Katz zunächst zu Skizzen, die er als Student in den 1940er-Jahren in der New Yorker U-Bahn anfertigte. "Der erste Zeichenlehrer, den ich auf der Kunstschule hatte, sagte: Wir erlauben hier keine Perspektive und keine Modellierung", erinnert er sich. "Wir zeichnen nur Linie und Fläche, und das Bild bleibt flach. Das war das modernistische Diktum." Katz befolgt es, auch in seiner Malerei, bis heute.

Bei den Skizzen unterscheidet der New Yorker zwischen "deskriptiven" Blättern und solchen, bei denen es um Komposition und Proportionen geht. "Wenn du gut bist, zeichnest du innerhalb und außerhalb der Linie zugleich", sagt Katz. "Das taten Picasso und Matisse auch."

Trotz seiner intensiven Beschäftigung, erzählt der Künstler, ließ er nach der Studienzeit das Zeichnen zehn Jahre lang ruhen. "Beim Zeichnen geht es darum, mit der Linie etwas einzugrenzen. Ich wollte Ausdehnung", sagt er. Katz begann in der Landschaft zu malen, erforschte die Kraft von Farben und Flächen. "Als ich 1960 wieder zu zeichnen anfing, war ich dabei viel besser geworden." Das Porträt, auf das er wie zum Beweis deutet, trägt schon alle Merkmale eines "typischen" Katz: Die Ebenmäßigkeit, die Reduktion, die Direktheit.

Albertina-Rundgang mit Alex Katz

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Subway 2, 1948 Tusche Albertina, Wien © Bildrecht,…
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Alex Katz Roof Garden 333-2, 1975 Albertina, Sam…
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Black Hat 5, 2010 Kohle und rotes Pigment auf perf…
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Künstler, Alex Katz, Austellung, Albertina, Wien…

Die Katz-Methode

Katz hat über die Jahre eine sehr spezielle Methode entwickelt, mit der er ein Motiv durch mehrere Medien hindurch entwickelt. "Ich mache zuerst eine Ölskizze nach der Natur und danach eine Zeichnung nach der Ölskizze", schildert Katz. "Dort versuche ich, Details richtigzustellen. Dann vergrößere ich die fertigen Zeichnungen auf Kartons und übertrage diese auf die Leinwand. Dann mische ich meine Farben und male."

Auf jeder Stufe des Prozesses, sagt Katz, könnten Bilder entstehen, die in sich "gültig" sind. Er deutet auf ein Blatt, zirka im A-3-Format, auf dem verschneite Bäume mit nur wenigen Strichen festgehalten sind. "Ich finde, diese Zeichnung ist besser als das Gemälde", sagt er. "Dabei habe ich sie nur so schnell hingeworfen."

Keine Handschrift

Katz’ Kartons, von denen die Linien einer Komposition auf Leinwand gepaust werden, sind indes oft mehrere Meter hoch. Mit Spontaneität und einer Handschrift, die oft als urtümlichste Qualität der Zeichnung angesehen werden, haben solche Werke nichts mehr zu tun.

"Da geht es um Design, um Planung. Ich mochte immer Zeichnungen, in denen Temperament steckt, aber das wird auch sehr schnell narzisstisch, was ich nicht sehr mag. Ich selbst hatte nie viel Temperament."

Als "King of Cool" wurde Katz oft bezeichnet, wegen seines Malstils und wegen seiner Sujets, die oft Szenen aus der kunstsinnigen New Yorker Gesellschaft zeigen.

Dabei ist ein Motiv für Katz meist nur ein "Vorwand" für ein Experiment mit Farben, Linien, Komposition. "Soziale Themen, Psychologie, Erzählungen – all das hat mich nie interessiert", sagt Katz. "Wenn du eine Geschichte erzählst, kannst du nie in die unmittelbare Gegenwart gelangen, die Geschichte transferiert dich immer in die Vergangenheit."

Gerade darum geht es ihm aber: Um das Bewusstsein der totalen Gegenwart, des Augenblicks.

Katz-Zen

Dass sein künstlerisches Streben Parallelen zur japanischen Zen-Philosophie aufweist, ist Alex Katz auch schon aufgefallen – eine spirituelle Praxis habe er selbst aber nie ausgeübt, sagt er.

Katz führt noch zu seinem Gemälde "Black Hat #2", einem Gemälde-Highlight der Albertina. Er deutet nach, wie er es einst gemalt hat, nach einer langen Vorbereitungsphase mit Skizzen, Zeichnungen, Kartons: Drei Pinselstriche für die Lippen, ein, zwei für die Hutkrempe, alles mit breitem Pinsel ausgeführt. "Das braucht wenig Zeit, aber viel Können."

Ja, diese hochkonzentrierte Arbeit hätte tatsächlich etwas von einem japanischen Kalligrafen, sagt Katz. "Es ist instinktiv passiert. Ich habe wie ein Expressionist angefangen. Und ich endete bei der Idee, wie ein Zen-Meister zu arbeiten."

Katz in der Albertina
Der Künstler Alex Katz, 1927 in Brooklyn/New York geboren, wird manchmal als Vorläufer der Pop Art gesehen, verfolgte allerdings stets seinen ganz eigenen malerischen Weg. Er lebt in New York und im Bundesstaat Maine.

Die Ausstellung
Alex Katz – Zeichnungen, Kartons, Gemälde“ ist von 28. Mai bis 28. September in der Albertina zu sehen. Der Katalog kostet 23 Euro.

www.albertina.at

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