Wiener Wahlrecht: SPÖ moniert Grüne "Tricksereien"

SPÖ-Wien Klubchef Rudolf Schicker
Änderung der Geschäftsordnung könnte Wahlwiederholung bewirken. Schicker wirft Koalitionspartner "Anlassgesetzgebung" vor.

Die Grünen wollen das Wiener Wahlrecht mittels Änderung der Geschäftsordnung - und vorbei am roten Koalitionspartner - doch noch reformieren. Der SPÖ schmeckt das gar nicht. Klubchef Rudi Schicker sprach am Freitag vor Journalisten von "Tricksereien" und warnte vor verfassungswidrigen Punkten in den grünen Anträgen. Sollten diese durchgehen, müsste die kommende Wahl mitunter wiederholt werden.

Er verstehe prinzipiell den Wunsch, gewisse Dinge in der derzeitigen Geschäftsordnung des Landtags reformieren zu wollen - aber: "Das hier hat einen extrem hohen Anteil an Anlassgesetzgebung und das gefällt mir überhaupt nicht", murrte Schicker in Richtung Grüne. Bisher seien derartige Eingriffe stets im Konsens mit allen im Stadtparlament vertretenen Fraktionen nach vorangehender Beratung beschlossen worden.

"Wohl nicht ganz verfassungskonform"

Eine derartige Vorgangsweise wünscht sich der SPÖ-Klubobmann auch für die nunmehrigen Anträge der Grünen. Denn diese seien offenbar nicht ganz im Bilde über die Konsequenzen ihrer Ideen: "Die drei grünen Anträge enthalten einige Punkte, die wohl nicht ganz verfassungskonform sind." Boxen die Grünen also die Modifizierung der Geschäftsordnung mithilfe der Opposition tatsächlich durch, könnten alle darauffolgenden Gesetze, die auf dem neuen Regelwerk fußen, sowie die im Oktober stattfindende Wien-Wahl vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben werden, so Schicker.

Zum Hintergrund: Die Grünen sehen die Änderung der Geschäftsordnung in der Landtagssitzung am Freitag, 27. März, als letzte Möglichkeit, den Mehrheitsfaktor im derzeitigen Wahlrecht doch noch zu eliminieren. So soll dem - von der SPÖ gestellten - Landtagspräsidenten die Option genommen werden, die Abstimmung des entscheidenden Zusatzantrags (künftige Mandatsverteilung) einfach verhindern zu können. ÖVP und FPÖ hatten kürzlich schon ihre Zustimmung zur dieser Vorgangsweise gegeben. Nach Logik der Grünen wäre eine am Anfang der Sitzung vorgenommene Geschäftsordnungsänderung für den im späteren Verlauf der Sitzung behandelten Wahlrechtsantrag bereits gültig - was der SPÖ-Klubchef heute erneut bestritt.

Schicker sieht freilich wenig Eile, dass über die Zukunft des Mehrheitsfaktor abgestimmt wird. Er plädierte dafür, die Angelegenheit in Ruhe im zuständigen Ausschuss zu beraten und gleich eine verfassungskonforme Gesamtreform der Geschäftsordnungen für Landtag, Gemeinderat und Ausschüsse anzugehen. Denn Vorschläge dafür gebe es von allen Parteien. "Ich nehme an, dass (der grüne Klubobmann David, Anm.) Ellensohn die Entscheidung, die Anträge einzubringen, aus dem Bauch heraus getroffen hat und wenn er jetzt darüber nachdenkt, durchaus an einer gemeinsamen Lösung interessiert ist", zeigte sich Schicker hoffnungsvoll. Wobei dieser All-Parteien-Konsens freilich anders ausschauen würde als der grüne Vorstoß. In welche Richtung es gehen wird, dürfte sich bereits in der Präsidiale am Mittwoch entscheiden. In dieser wird von den Fraktionen der Ablauf der Sitzung am Freitag und somit auch das Vorgehen bezüglich Geschäftsordnung festgelegt.

"Politik ist etwas, wo man immer wieder merkwürdige Verhaltensweisen erlebt. Da darf man nicht beleidigt sein"

Das Wort Koalitionsbruch will Schicker im Fall einer Geschäftsordnungsänderung gegen die SPÖ nicht in den Mund nehmen. "Politik ist etwas, wo man immer wieder merkwürdige Verhaltensweisen erlebt. Da darf man nicht beleidigt sein", gab er sich unbeeindruckt. Nachsatz: In Sachen Koalitionsklima sei das aber sicher "keine angenehme Situation". Der rote Klubobmann blickte dabei auch gleich in die Zukunft: In den nächsten Koalitionspakt werde man viel stärker betonen, dass mehrheitsfördernde Elemente im Wahlrecht durchaus sinnvoll seien, prophezeite er - wiewohl die SPÖ freilich nach wie vor die Rückeroberung der Absoluten anstrebe.

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