Vergewaltigung: Verurteilung nach Sex mit 18-Jähriger

Symbolbild
Gericht wirft 20-jährigem Kellner in Wiener Hotel eine Überschreitung vor: Ein Jahr teilbedingt.

Hat ein in einem Wiener Hotel beschäftigter junger Kellner im März 2015 eine 18 Jahre alte italienische Schülerin zum Sex gezwungen? Um diese Frage ging es am Mittwoch in einer Verhandlung im Wiener Landesgericht. Der 20-Jährige versicherte, es wäre mit dem Mädchen, das sich mit ihrer Klasse auf Wien-Woche befand, im Keller des Hotels zu einvernehmlichem Geschlechtsverkehr gekommen.

Dessen ungeachtet wurde der junge Mann wegen Vergewaltigung schuldig gesprochen. Selbst die Staatsanwältin hatte in ihrem Schlussplädoyer nicht explizit einen Freispruch verlangt, sondern den Schöffensenat um eine "genaue Würdigung der Beweislage" ersucht. "Sie haben sich nicht wie ein Rambo aufgeführt", billigte die vorsitzende Richterin Beate Matschnig dem 20-Jährigen in der Urteilsbegründung zu. Es liege "das unterste Ende an Gewalt" vor. "Aber wir glauben, dass es eine Überschreitung war, dass sie den Sex nicht wollte, dass sie sie weggedrückt haben", sagte Matschnig. Das reiche bereits für eine Verurteilung im Sinne der Anklage aus, verwies Matschnig auf die Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH).

Der sichtlich erschütterte Bursch wurde zu einem Jahr Haft, davon drei Monate unbedingt verurteilt. Seine bei der Verhandlung anwesende Mutter brach in Tränen aus, Freunde des 20-Jährigen wirkten fassungslos. Verteidiger Martin Mahrer, der in seinem Schlusswort einen "glatten Freispruch" verlangt hatte, bat um Bedenkzeit. Das Urteil ist daher nicht rechtskräftig.

Mädchen und Kellner hatten am Vorabend geflirtet

Ausschlaggebend für die Verurteilung des ehemaligen Kellners - er verlor nach der Anzeige wegen Vergewaltigung umgehend den Job - dürfte die Zeugenaussage der eigens aus Italien angereisten 18-jährigen Schülerin gewesen sein. Während ihrer Befragung wurde die Öffentlichkeit aus Gründen des Opferschutzes ausgeschlossen.

Fest steht, dass es zwischen dem Kellner und der Schülerin, die mit ihrer Klasse in dem Hotel in der Leopoldstadt abgestiegen war, "gefunkt" hatte. Zeugen berichteten von Flirtereien, eine Freundin der 18-Jährigen besorgte sich in deren Auftrag die Telefonnummer des gut aussehenden jungen Mannes. Die italienische Schülerin schrieb diesen darauf per WhatsApp an, wobei sie ihre Textnachrichten mit Herzchen garnierte und ihn "Baby" nannte.

Am folgenden Abend - es war der 13. März 2015 - trafen sich die beiden nach dem Abendessen in der Hotellobby, wo sie beim Knutschen beobachtet wurden. "Mir war schon klar, dass ich ihr gefallen habe", gab der Angeklagte zu Protokoll. Und weiter: "Ich hab' sie daher gefragt, ob wir komplett allein sein wollen, wo uns keiner stört. Sie hat das bejaht." Er habe sich mit der jungen Italienerin, mit der er sich auf Englisch verständigte, daher in den Keller begeben. Auf einem abgestellten alten Sofa sei es zum Sex gekommen: "Sie wollte es. Sie hat meine Hose geöffnet."

Unterschiedliche Zeugenaussagen

Beim Sex wurden die beiden allerdings von einer Mitschülerin der 18-Jährigen gestört, die sich über den Verbleib des Mädchens gewundert hatte und daher mit zwei Arbeitskollegen des Kellners nachschauen ging. Als sie kurz die Tür zum Kellerabteil öffneten, nahmen die Arbeitskollegen und die Mitschülerin diametral Unterschiedliches wahr. "Das, was ich mit meinen eigenen Augen gesehen habe, war sicher keine Belästigung. Es ist ihr gut gegangen. Es war ein ganz normaler Geschlechtsverkehr zwischen zwei Personen", sagte der eine Arbeitskollege im Zeugenstand. "Sie waren glücklich. Sie hat weder geschrien noch um Hilfe gerufen", hielt der zweite fest.

Die Mitschülerin behauptete demgegenüber, der Kellner habe die Tür zugedrückt und sie weggeschickt, als sie die beiden störte. Ihre Schulkameradin sei "ganz unbeweglich" da gelegen und habe "nicht sprechen" können. Der Kellner habe sie "an den Beinen festgehalten", berichtete die Augenzeugin dem Senat. Gegenüber der Polizei hatte sie noch davon gesprochen, ihre Mitschülerin wäre an den Armen festgehalten worden. Diesen Widerspruch konnte die Zeugin nicht aufklären. "Wenn es für sie in Ordnung gewesen wäre, hätte sie etwas gesagt. Aber sie war ganz stumm und ist sofort geflüchtet, also war es nicht in Ordnung", bekräftigte sie stattdessen. Später habe ihre Mitschülerin vor den anderen Mädchen geweint: "Sie hat gesagt, dass sie das nicht wollte."

Von Freundin erwischt

Auf die Frage, weshalb er von der 18-Jährigen belastet werde, erklärte der Angeklagte: "Es war ihr peinlich, dass ihre Freundin sie erwischt hat." Zu keinem Zeitpunkt habe das Mädchen ihm signalisiert, dass er aufhören solle: "Ich wäre dann sofort aufgestanden. Ich habe ja dort gearbeitet. So etwas würde ja nicht einmal der dümmste Mensch auf sich nehmen, dieses Risiko."

Verteidiger Martin Mahrer meinte unter dem Eindruck der Einvernahme des angeblichen Opfers, die Jugendliche wäre offenbar "im sexuellen Umgang noch ungeübt" bzw. "sexuell retardiert" gewesen. Er verwies außerdem auf ihre Herkunft ("Aus gutem Haus, mit konservativen Anschauungen"). Aus all dem erkläre sich ihr Verhalten nach dem Geschlechtsverkehr und ihre Anzeige. "Außerdem gehe ich bei der Vorgeschichte mit 18 oder 19 mit einem Burschen nicht in der Annahme in den Keller, dass man sich dort über Politik unterhält", gab Mahrer zu bedenken.

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