Raststation für Zugvögel

Der Sänger Julian Le Play im Lokal "Das Heinz".
Julian Le Plays neues Album entstand auf Reisen. In Wien zieht es ihn in "Das Heinz".

Irgendwann, wenn das Leben wieder einmal zu lang in gleichen Bahnen verlaufen ist und der Ballast-Koffer zu groß zu werden droht, kauft sich Julian Le Play einfach ein Flugticket und geht auf Reisen.

Und wenn dem Singer-Songwriter, der 2012 mit "Mr. Spielberg" seinen ersten großen Hit landete, beim Schlendern durch die Straßen einer fremden Stadt eine Idee, eine Melodie oder eine erste Zeile für ein neues Lied einfällt, sucht er rasch das nächste Lokal auf. Dort packt er Notizblock, Stift und Keyboard samt Pedal und Kopfhörer aus – und beginnt zu arbeiten.

So entstanden vergangenes Jahr in Lissabon, Stockholm und auch Istrien die Lieder seines dritten Albums "Zugvögel", das diese Woche erschienen ist.

Basisstation

Genauso wichtig wie das Reisen ist für Julian Le Play aber auch die Basisstation daheim. Die befindet sich für den 24-Jährigen rund um den Rudolfsplatz in der Inneren Stadt. Hier ging er in den Kindergarten, hier in der Nähe ist seine Wohnung und hier befindet sich jenes Lokal, das in den vergangenen Monaten zu seinem zweiten Wohnzimmer geworden ist: Das Heinz.

Vor fünf Jahren hängte der Investmentbanker Heinrich Karasek seinen früheren Beruf an den Nagel und eröffnete sein erstes Lokal. Er hatte genug vom auslaugenden Banker-Leben. Und: "Ich habe mir gedacht: Wenn ich etwas Neues machen möchte, dann sollte ich das jetzt tun", erzählt Karasek, während er ein Bier zapft.

Zinntresen inklusive

Nachdem das passende Lokal (das vormalige Apropos) für seinen neuen Beruf gefunden war, machte er sich mit zwei Freunden an die Arbeit: Bretter für die Wände wurden zugeschnitten, die Möbel besorgt, der Zinntresen in Auftrag gegeben. Das Ergebnis ist ein helles, erfrischendes, freundliches Lokal mit weißer Holzvertäfelung und grünen Wänden, mit Kaffee aus der Rösterei "Alt Wien", Gin Tonic mit Gurke und Speisen, wie man sie von daheim kennt: Geröstete Knödel, Surschnitzel oder auch Helgas Hauskuchen.

Überzeugt war Julian Le Play vom neuen Lokal schon beim ersten Besuch. Mittlerweile wählt er das Restaurant auch für wichtige berufliche Treffen. So traf er sich hier auch vergangenen Juli mit Universal, um den Plattenvertrag zu unterschreiben. "In dem Moment wurde mir bewusst, was wir eigentlich geschafft haben", erzählt der Sänger, als die Kellnerin ihm den Ziegenkäse im Speckmantel serviert. "Das ist wie wenn man im Radio zwischen Coldplay und Rihanna läuft oder wenn Eltern erzählen, dass ihre kranke Tochter dank meiner Musik gesund geworden ist (obwohl da natürlich ganz viel zusammengekommen ist). In solchen Momenten denkt man sich: Das ist etwas ganz Besonderes." Weil man einen Beruf ausüben darf, für den man eine Leidenschaft hegt.

Das ist bei Sänger Le Play ebenso wie bei Wirt Karasek. Und dafür nimmt man auch lange Arbeitszeiten in Kauf. Weil es sich manchmal gar nicht so wie Arbeit anfühlt.

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