Primärversorgung: Erstes Pilotprojekt startet im Mai

Mehr Ehrlichkeit im Wiener Spitalsärztestreit
Zweiter Standort nahe SMZ Ost soll noch heuer eröffnen. Finanzierung durch Stadt und WGKK.

Spitalsambulanzen entlasten, den Patienten bessere und längere Versorgung bieten und attraktive Arbeitsbedingungen für Allgemeinmediziner schaffen: Dieses Drei-in-Eins soll das neue Modell der Primärversorgungszentren bewerkstelligen. Das erste Pilotprojekt startet am 18. Mai in Wien-Mariahilf - auch wenn die legistischen Rahmenbedingungen durch ein Bundesgesetz eigentlich noch fehlen.

Vor allem mit erweiterten Öffnungszeiten (Montag bis Freitag, 8.00 Uhr bis 13.00 Uhr und 14.00 Uhr bis 19.00 Uhr bzw. dienstags schon ab 7.00 Uhr) will man den Patienten das neue "Primary Health Center", kurz PHC, schmackhaft machen. Denn diese würden nicht nur von der Öffnung zu Tagesrandzeiten, sondern auch von kürzeren Wartezeiten, einem interdisziplinären Team und der "Begleitung durchs Gesundheitssystem" profitieren, wie Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) am Montag bei einer Pressekonferenz betonte.

"Bestmöglich spitalentlastend"

Ab 18. Mai werden drei Ärzte sowie Pflegepersonal und Ordinationsassistenten im PHC Patienten betreuen, später vervollständigen ein vierter Mediziner sowie ein Sozialarbeiter und ein Psychotherapeut das Angebot. Dabei sollen sowohl Akutpatienten als auch Menschen mit chronischen Krankheiten behandelt werden. Geplant ist auch die Kooperation mit dem nahen Gesundheitszentrum Mariahilf der Wiener Gebietskrankenkasse, wie WGKK-Obfrau Ingrid Reischl erklärte. Das Ziel sei es, "bestmöglich spitalentlastend" zu arbeiten, so Reischl.

Zuschuss

In der Finanzierung des PHC auf der Mariahilfer Straße sei man durchaus innovativ gewesen, lobte der Vizepräsident der Wiener Ärztekammer, Johannes Steinhart. Die Ärzte werden regulär nach dem Vertrag für Gruppenpraxen entlohnt, dazu schießen Stadt und WGKK jährlich 210.000 Euro Pauschale zu. Für die Entlohnung weiterer Berufsgruppen stehen zusätzlich 20.000 Euro pro Jahr zur Verfügung. Diese Stärkung des niedergelassenen Bereichs sei gerade in Zeiten einer "unruhigen österreichischen Spitalslandschaft" wichtig, so Steinhart.

Angebot für "Selbstzuweiser"

Man wolle den "Selbstzuweisern", die derzeit mangels Alternative in die Ambulanzen strömen, ein Angebot machen, erklärte Wolfgang Mückstein, Mitbegründer des neuen Zentrums. Derzeit betreut die Gruppenpraxis bereits rund 12.500 Menschen, mit der neuen Aufstellung erwarte man rund ein Viertel mehr Patienten. Schließzeiten soll es dank der Abstimmung zwischen den Ärzten keine geben. Die Konstruktion über den Gruppenpraxenvertrag ist es auch, die die neue Primärversorgung in Wien ermöglicht, obwohl es noch keine bundesgesetzliche Grundlage dafür gibt. Als Problem sieht das keiner der Beteiligten: "Ich fühle mich auf sicherem Terrain", meinte Reischl.

5-Jahres-Versuch

Das neue Zentrum ist aber erst einmal nur ein auf fünf Jahre angelegter Versuch: Deshalb wird die erweiterte Gruppenpraxis auch laufend kontrolliert und evaluiert. Auch an einem zweiten Standort will man die neue Primärversorgung proben - er soll nahe dem SMZ Ost bzw. Donauspital entstehen. Da man dort aber nicht auf eine bestehende Gruppenpraxis aufbauen kann, sei die Ausschreibung dort deutlich komplizierter, wie Steinhart berichtete. Man sei derzeit auf der Suche nach Interessenten - Reischl zeigte sich jedoch optimistisch, dass "noch heuer" eröffnet werden kann.

Werde das Angebot von den Patienten angenommen und zeige die Evaluierung eine bessere Versorgungswirksamkeit, könnte das Konzept auch flächendeckend werden. "Es ist ein Einstieg in den Umstieg", betonte Wehsely. Denn grundsätzlich sei das Modell für ein nach und nach durchgeführtes wienweites Roll-out konzipiert.

Kommentare