Fall Bakary J.: Verhöhnung eines Folteropfers
Im Fall des vor acht Jahren in einer Lagerhalle von WEGA-Beamten beinahe zu Tode gefolterten Schubhälftlings Bakary J. beantragen drei Täter eine Wiederaufnahme, berichtete die Kronen Zeitung.
Zur Erinnerung: Der Fall Bakary J. war einer der größten Polizeiskandale der Zweiten Republik. WEGA-Beamte malträtierten im Jahr 2006 den Gambier nach einer gescheiterten Abschiebung – dem Piloten waren die Umstände der Außerlandesbringung zu dubios gewesen. Sie schlugen und traten ihn, simulierten eine Scheinhinrichtung und fuhren ihn absichtlich mit dem Pkw an.
Zur Nachhaltigkeit des Skandals trug der Umstand bei, wie mit dem Fall umgegangen wurde: Es wurde vertuscht (die WEGA hielt eine "Wasserwerferübung" am Tatort ab), geleugnet, später scheibchenweise gestanden und die Täter behielten dank der milden Urteile (sechs bzw. acht Monate bedingt) ihre Jobs so lange, bis die Behörde sie vor zwei Jahren vor die Tür setzte.
Jetzt fordern sie eine Rehabilitierung und nutzen jene ungeklärten Punkte, die die Justiz damals gründlich unter den Teppich gekehrt hat. Mit der Konsequenz, dass ihr Opfer als Täter dasteht. Die Geständnisse, sagen sie, seien ihnen von der Polizeispitze für einen Joberhalt abgepresst worden.
Ihr Antrag stützt sich auf die Aussagen zweier Ärzte, deren Verhalten nie aufgearbeitet und strafrechtlich gewürdigt wurde: Jene der Medizinerin im AKH, die den damals Schwerverletzten nach einem Plausch mit den Polizisten mit einer Schmerztablette ("Mexalen") in die Schubhaft entlassen hatte; und jene des Polizeiarztes, der nichts bemerkt haben will.
J.s zertrümmertes Gesicht fotografierte tags darauf seine Frau, einen Tag später sah ihn sein Anwalt Nikolaus Rast. "Er hat ausgeschaut, als wäre er mit Mike Tyson zusammengestoßen." Dem Verdacht auf fahrlässige Körperverletzungen gegen die Mediziner (und beim Amtsarzt dem des Amtsmissbrauchs) wurde nie nachgegangen. Es ist "objektiviert, dass der Arzt etwas falsch gemacht hat", sagt Heinz Patzelt von Amnesty International. Es ist aber verjährt.
Die Ex-Polizisten zucken nun auf die Fragen, woher die Verletzungen sind, mit den Schultern. Eine Antwort überlassen sie Spekulanten: "Auch eine Selbstverletzung ist für Insider nicht auszuschließen", heißt es in der Krone.
Geld und "Unbill"
Worum es auch geht, erklärte einer der Täter im ORF – nämlich um "die finanzielle Existenz". Das Opfer klagt auf Schadenersatz und das Innenministerium will sich das Geld von den Ex-Beamten zurückholen. Die Republik zieht das Verfahren in die Länge, auch weil ein Gutachter bestellt wurde, dessen Expertise Rast ablehnt. Der Psychiater, der die Folter als "Unbill" bezeichnet, beschäftigt sich mit J.s Flucht aus seiner Heimat, anstatt die Fragen des Gerichts sachlich abzuhandeln. "Es ist eine Schande, wie die Republik mit diesem Fall umgegangen ist", sagt Manfred Nowak, Menschenrechtsexperte der Uni Wien, der J. in der Schubhaft besucht und den Prozess gegen die Polizisten mitverfolgt hat. Der Staatsanwalt hatte auf eine härtere Strafe für sie verzichtet, eine Reaktion, die selbst bei Bagatellen Seltenheitswert hat und die der Behördensprecher als "Sauerei" bezeichnete. Die Anwältin der Ex-Polizisten, die sich einen Mediensprecher zugelegt hat, ist nicht erreichbar. Zurück bleibt J. Er ist "verängstigt". Er hat auch Angst, dass ihm eine Straftat untergeschoben wird.
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