Dieb trickste Juweliere aus: Dreieinhalb Jahre Haft
Ein auf Trickdiebstähle spezialisierter Ungar ist am Dienstag im Straflandesgericht Wien zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden, nachdem er zwei in der Wiener Innenstadt gelegene Nobel-Juweliere übers Ohr gehauen hatte.
Am 10. Mai 2014 ließ er sich als vermeintlicher Kunde mehrere Diamantringe vorlegen und brachte dabei einen mit Platin versetzten Vierkaräter zum Verschwinden.
Selbsternannter Meisterdieb
Die Verkäuferin rätselt bis heute, wie es dem 58-jährigen Ungarn gelang, den Ring im Wert von 120.000 Euro mitgehen zu lassen. "Ich hab erst Stunden später gemerkt, dass er fehlt. Ich versteh's bis heute nicht", erklärte sie im Zeugenstand. Der Angeklagte half ihr auf die Sprünge. Seinen Angaben zufolge wurde er von einem älteren Herrn zum "Meisterdieb" ausgebildet.
Zwischen 2004 und 2008 habe er in Deutschland insgesamt 47 Schmuckstücke gestohlen, gab er bereitwillig zu. Nachdem er dort eine mehrjährige Haftstrafe verbüßt hatte, sei er nach Österreich gekommen. Besonders schwer habe man ihm hier seine Profession nicht gemacht: "Hier ist es leichter als anderswo. In Deutschland ist es nicht üblich, dass einem in Juwelier-Geschäften Tablets mit Schmuck vorgelegt werden."
So ein Profi, wie er behauptete, schien er dann aber doch nicht zu sein. Der erbeutete Ring war 120.000 Euro wert, er hingegen habe ihn auf 30.000 Euro geschätzt, erzählte der Angeklagte. "Ich habe ihn in Ungarn um 10.000 Euro verkauft."
Staatsanwältin schmeichelt Angeklagtem
Am 2. September 2014 schaute er das nächste Mal in Wien vorbei. Indem er wiederum bestens gekleidet ein Juwelier-Geschäft betrat und vorgab, er sei auf der Suche nach einem Geburtstagsgeschenk für seine Ehefrau, legte er die nächste Verkäuferin rein. Diese zeigte ihm eine ganze Reihe von kostbaren Ringen - dass am Ende einer im Wert von 50.000 Euro fehlte, bekam sie nicht mit. Sein Trick sei an und für sich "ganz einfach. Jeder X-Beliebige könnte so einen Diebstahl begehen", gab der Täter zu Protokoll. Als ihn Staatsanwältin Hanna Fian einen Profi nannte, "der hier so tut, als wäre das alles ein Spaziergang", huschte ein Lächeln übers Gesicht des Angeklagten.
Spielsucht als Motiv
Motiv für seine Straftaten sei nicht Profitgier, sondern seine Spielsucht gewesen, versicherte der 58-Jährige: "Ich war casinokrank." Außerdem habe er eine sündteure stationäre Behandlung seines kranken Sohnes in Kanada finanzieren müssen. Dass er diesmal ungeachtet seines schwer getrübten Vorlebens weniger Strafe als bei seiner vorangegangenen Verurteilung bekam, verdankte der Mann nicht einem mild gestimmten Schöffensenat. Der Kriminelle profitierte vielmehr von einer von Justizminister Wolfgang Brandtstetter (ÖVP) initiierten Gesetzesänderung - seit Jahresbeginn steht bei Vermögensdelikten mit einem Schaden von unter 300.000 Euro nicht mehr der bis dahin übliche Strafrahmen von bis zu zehn Jahren zur Verfügung. Bei den nunmehr vorgesehenen maximal fünf Jahren erschienen dem Gericht (Vorsitz: Petra Poschalko) dreieinhalb Jahre schuld- und tatangemessen. Der Ungar nahm das Urteil unverzüglich an. Auch die Staatsanwältin hatte keine Einwände. Die Entscheidung ist daher rechtskräftig.
Kommentare