Die Kaiserin wird abgerissen

Die Kaiserin wird abgerissen
Aus für das Kaiserin-Elisabeth-Spital: Am 30. November wird es zugesperrt. Am Standort entsteht ein Geriatrie-Zentrum.

Das 120. Jubiläum durfte man gerade noch feiern und auch die Tatsache, dass das Kaiserin- Elisabeth-Spital in der Huglgasse im 15. Bezirk eines der beliebtesten Krankenhäuser der Stadt ist – oder besser war. Denn mit dem neuen Spitälerkonzept für Wien ist es auch um das KES geschehen. Es wird mit 30. November geschlossen, abgerissen und durch ein modernes Geriatrie-Zentrum ersetzt.

Seit die Pläne der Stadt Wien bekannt sind, herrscht bei Personal und Patienten tiefe Betroffenheit – ja sogar Trauer und Wut. Denn die überschaubare Spitalseinheit mit Zwei- und Dreibettzimmern, untergebracht in erst kürzlich eindrucksvoll modernisierten historischen Gebäuden in einer angenehmen Umgebung wird nicht leicht zu ersetzen sein. Auch wenn die Abteilungen auf andere Spitäler Wiens verteilt werden.

Ehemalige Patienten bestätigen das besondere Klima im KES. Dass erst im Jahr 2003 die Chirurgie mit modernsten OP-Sälen um 11,9 Mio. € ausgestattet worden ist, bestätigt den hohen Qualitätsstandard, aber auch den hohen „verlorenen Aufwand“ der heimischen Gesundheitspolitik.

Dass aus OP-Sälen des KES Einblicke in Spitalsgärten geboten werden, wird anderswo so schnell nicht möglich sein. Besonders spezialisiert hatte man sich hier auf Schilddrüsenerkrankungen. Seinerzeit als „Kropfklinik“ österreichweit bekannt und beliebt, erkämpfte man sich zuletzt als erfolgreiches Schilddrüsen-Zentrum europaweit einen guten Ruf. Zu Beginn der 1930er-Jahre war mit der Einführung der Allgemeinnarkose der Durchbruch in der Schilddrüsenchirurgie gelungen. Davor war mit lokaler Betäubung operiert worden. Die Patienten mussten während der OP sprechen, damit der Chirurg merkte, ob er den Stimmbandnerv beschädigt.

Geschichte

1890 ging das Krankenhaus als Kaiser-Franz-Joseph-Spital mit 470 Betten in Betrieb. Zwei Jahre später wurde es zu Ehren seiner Gattin in „k. k. Kaiserin Elisabeth Spital“ umbenannt. Damals umfasste das Spital zwei medizinische und eine chirurgische Abteilung sowie einen Isolierpavillon, der als Cholerastation diente. Die Anordnung der Gebäude zielte darauf ab, Infektionskranke zu isolieren. Das Pavillon-System ist nun auch der Grund für die Schließung, denn heute gelten Zentralbauten als modern und kostengünstig.

Baron Albert Rothschild stiftete zum Andenken an seine an Brustkrebs verstorbene Frau Bettina 1894 den Bettina-Pavillon für 60 kranke Frauen. Im Gegensatz zur veralteten Gynäkologie im AKH war diese Frauenabteilung mit allen damals bekannten technischen Finessen ausgestattet.

Der Bettina-Pavillons steht heute noch unter Denkmalschutz. Ob das auch künftig so sein wird? Geplant ist eine Verbauung mit Wohnbauten, Geschäften und einem Kindergarten in Abstimmung mit dem Denkmalschutz.

Zukunft

Dass die Erfahrung und das Team des KES durch die Spitälerreform nicht unter die Räder kommt, dafür will der Vorstand der Chirurgie Prof. Michael Hermann sorgen: „Es ist gelungen, das OP-Team zusammenzuhalten. Wir werden gemeinsam in die Rudolfstiftung (3. Bezirk, Juchgasse, Anm.) übersiedeln.“

Wie wichtig dieser Einsatz ist, zeigt die Statistik: Pro Jahr wurden im KES 1200 bis 1500 Operationen an der Schilddrüse durchgeführt. Mit dieser hohen Zahl ist nicht nur ärztliche Kompetenz verbunden, sondern auch die höchstmögliche Qualitätskontrolle gegeben.
Hermann: „Wer zu uns gekommen ist, der wurde bestens versorgt, auch wenn er aus der Steiermark gekommen ist. Das wollen wir in der Rudolfstiftung beibehalten. Auch wenn wir weniger Kapazität haben werden.“

Besonderheit des KES in der Wiener Spitalslandschaft: Hier hat man bis 18 Uhr operiert. In vielen anderen Spitälern gehen die Chirurgen zu Mittag in ihre Ordinationen oder in Privatspitäler operieren.

Die Kaiserin wird abgerissen
Die chirurgische Abteilung des Kaiserin-Elisabeth-Spitals übersiedelt mit 30. November 2012 in die Rudolfstiftung. Dort wird sie als 2. Chirurgische Abteilung (Beinamen: „Kaiserin Elisabeth“) geführt werden. Der KURIER sprach mit dem Schilddrüsenspezialisten Professor Michael Hermann über das bevorstehende Ende des traditionsreichen Wiener Krankenhauses und die Übersiedlung der Chirurgie.

KURIER: Mit der Verlagerung der Chirurgie des KES in die Rudolfstiftung erfolgt der erste Schritt des Wiener Spitalskonzeptes 2030. Welche Bereiche sind konkret davon betroffen?
Michael Hermann: Mit Ende November wird die gesamte Chirurgie mit allen operativen Schwerpunkten wie Schilddrüse, Nebenschilddrüse, Peritonealkarzinom und onkologische Chirurgie übersiedeln. Ebenso die Adipositaschirurgie.

Wo werden sich Patienten für Operationstermine dann anmelden können?
Ab 2. November stehen die Ambulanzen der Rudolfstiftung für Operationsanmeldungen zur Verfügung. Telefonisch sind wir unter (01) 71165/4211 erreichbar.

Die Nuklearmedizin des KES wird auch übersiedeln. Wo werden diese Patienten dann hin müssen?
Die Nuklearmedizin stellt das diagnostische Zentrum für Schilddrüsenerkrankungen dar. Daher wird auch diese Abteilung in die Rudolfstiftung übersiedeln.

Warum braucht man ein Schilddrüsen-Zentrum?
Wegen der Qualitätssicherung. Es bedeutet, dass bei der Behandlung ein hoher Standard erreicht wird und optimale
Leistungen des gesamten Operationsteams geboten werden. So dass jeder Patient sicher sein kann, nach dem letzten Wissensstand behandelt zu werden. Ganz verhindern kann man Komplikationen nicht, aber bei dauerhaften Lähmungen der Stimmbänder liegen wir im KES mit 0,5 Prozent im internationalen Spitzenfeld.

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