Der Schrecken der Wiener Ladendiebe

Diebesbanden gehen im Advent bevorzugt auf Beutezug.
5000 Langfinger hat Barbara Küthe überführt. Diebe nutzen den Trubel an Einkaufssamstagen.

Die zierliche Frau fällt im Tumult der vorweihnachtlichen Einkaufshektik nicht im Geringsten auf. Und genau diese Tarnung macht Barbara Küthe so erfolgreich. Die 42-Jährige ist seit 21 Jahren in Wien als Kaufhaus-Detektivin tätig. Und sie gilt als Schrecken der Ladendiebe. Denn die routinierte, sportliche "Schnüfflerin" überführte bereits mehr als 5000 Ladendiebe. In der Branche mit etwa 900 Detektiv-Kollegen genießt Küthe höchste Reputation. "Irgendwann hab ich zu zählen aufgehört. Aber es gibt und gab Jahre mit 400 Zugriffen", erzählt Küthe. Sie steht im Dienst der Wiener Detektei Pöchhacker.

Diebe folgen Touristen

Vor allem in der Adventzeit herrscht Hochbetrieb. "Immer, wenn Touristen in die Stadt kommen, dann folgen auch die Diebe und die Banden. Und dadurch steigt die Zahl der Straftaten. Diese Verbrechensart ist saisonellen Schwankungen unterworfen", sagt die Detektivin.

In ihrem Job musste Küthe schon ordentlich einstecken – und zwar Schmerzen. Denn erwischte Ladendiebe haben ihr bereits mehrere Finger gebrochen oder sie gewürgt. In der Shopping City Süd (SCS) drückte ein Ladendieb ihre Halsschlagader dermaßen zu, dass Küthe das Bewusstsein verlor. "Obwohl ich eine hochgradige Judo-Ausbildung habe, ist man vor Übergriffen nicht sicher. Die Täter glauben auch, dass sie wegen meiner zierlichen Statur eine höhere Fluchtchance haben. Aber ich gebe nie auf", sagt Küthe und spricht von einigen Raufereien pro Saison.

Denkt die Detektivin manchmal, etwa nach Verletzungen, ans Aufhören? "Nein, auf keinen Fall. Ich streife Negativ-Erlebnisse nach der Arbeit ab. Die Situationen kommen dann vielleicht vor Gericht wieder ins Gedächtnis, aber da ist schon alles verarbeitet." Mit einem sympathischen Lächeln gibt Österreichs erfolgreichste Kaufhaus-Detektivin aber zu, dass die Jahre so ihre Spuren hinterlassen haben: "Es war mit 20 schon leichter, einen Täter zu verfolgen, als jetzt mit über 40. Aber ich bin noch gut in Schuss."

Kinder müssen stehlen

Die geborene Steirerin (Eigendefinition: "Bin ein steirischer Sturschädl") machte bereits in allen großen Shopping-Tempeln und Einkaufsstraßen der Stadt Dienst. Oft überwacht sie mehrere benachbarte Geschäfte. Vom Juwelier über die Parfümerie bis zum Elektro-Handel.

Die neue Art der Jugendkriminalität im Bereich des organisierten Ladendiebstahls bringt Küthe aber "auf die Palme". "So traurig es klingt. Kinder, die hier zum Stehlen gezwungen werden, sind keine Kinder mehr. Ihnen wird durch Gewalt der Bandenchefs, aber auch der älteren Jugendlichen, die Kindheit geraubt. Ich hab selbst gesehen, wie diese jungen Menschen mit Schlägen zum Diebstahl gezwungen wurden. Diese Bandenkriminalität betrifft gewerbsmäßigen Waren- und Taschendiebstahl sowie verstärkt auch Bettlerei."

Spitzenjob im Hotel

Ihr guter Ruf brachte der Steirerin vor Kurzem einen begehrten, weil verantwortungsvollen Posten ein. Das Nobelhotel hinter der Staatsoper, weltweit bekannt durch die Schokotorte, suchte einen neuen Sicherheitsbeauftragten. Barbara Küthe bekam den Job: "Ich scanne quasi das gesamte Hotel. Weiters fungiere ich bei Staats- und Promi-Besuchen als Schnittstelle zwischen Hotel und Exekutive." Die Jagd nach Ladendieben gibt sie aber nicht auf: "Es bleibt genug Zeit, Langfingern das Handwerk zu legen."

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