Verleumdungsanzeige im Folterfall
Im Fall des von WEGA-Polizisten in einer Lagerhalle gequälten Schubhäftlings Bakary J. sind die Behörden am Zug: Drei der vier aus dem Dienst entlassenen Beamten beantragten eine Wiederaufnahme des Verfahrens – und könnten demnächst selbst mit einem weiteren Verfahren konfrontiert sein. Nikolaus Rast, der Anwalt des gebürtigen Gambiers, sieht in der Argumentation der Ex-Polizisten den Tatbestand der Verleumdung erfüllt und bringt diesen zur Anzeige.
Vier Mal berichtete die Krone über die verurteilten Polizisten, die ihre Geständnisse aus dem Jahr 2006 widerrufen, weil ihre Vorgesetzten sie reingelegt hätten: Ihnen sei als Gegenleistung für die Bestätigung des Vorfalls ein Verbleib im Dienst versprochen worden. 2012 war ihre Entlassung rechtskräftig.
Rast rechnet nicht damit, dass der Richtersenat dem Antrag stattgibt. "Das wird in der Post-Einlaufstelle des Gerichts eingestellt." Der Jurist sagt, dass die Beamten Glück gehabt hätten, nicht wegen versuchten Mordes vor Gericht gestanden zu sein. Es gebe Gutachten, Sachbeweise, die Aussage des Opfers sowie die Geständnisse der Folterer, die erst mit der Wahrheit ans Tageslicht gerückt seien, als das Büro für interne Angelegenheiten mittels Telefonauswertungen eine Unwahrheit nach der anderen in ihren Aussagen aufgedeckt habe.
"Glatte Lüge"
Im Kern streiten im Antrag die zu milden Haftstrafen verurteilten Polizisten ab, J. die Verletzungen zugefügt zu haben. Er habe (siehe Faksimile) diesbezüglich "offensichtlich die Unwahrheit" gesagt. Rast, der bereits ein Schadenersatzverfahren für seinen Mandanten führt, reagiert deshalb mit einer Verleumdungsanzeige und sagt: "Das ist eine Unterstellung und eine glatte Lüge." Der Hintergrund für die Aktion der Ex-Beamten sei Angst vor den finanziellen Folgen des Schadenersatzverfahrens. Denn das Innenministerium hatte angekündigt, sich jeden Cent von ihnen zurückholen zu wollen.
Um eine Wiederaufnahme zu erreichen, muss ein neues Beweismittel vorliegen. Laut Maria Zehetbauer, der Anwältin der ehemaligen WEGA-Beamten, handelt es sich um ein medizinisches Gutachten. Es stützt sich auf die einstigen Aussagen von Ärzten, die nichts von den später auf einem Foto klar ersichtlichen Verletzungen gesehen haben wollen. "Die Ärzte können sich die darauf ersichtlichen Verletzungen nicht erklären", sagt Zehetbauer.
Das besagte Foto hatte Bakary J.s damalige Ehefrau einen Tag nach der Folterung durch eine Glasscheibe im Anhaltezentrum angefertigt. Es dokumentiert die Verletzungen im Gesicht und veranlasste sie bereits damals, eine behandelnde Ärztin aufzusuchen und sie zur Rede zu stellen. Dem damals erhobenen Vorwurf an die Mediziner, sie hätten nicht sorgfältig gearbeitet, wurde nie nachgegangen.
Ein Richtersenat wird nun über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens entscheiden. In dem 20 Seiten starken Dokument will Zehetbauer keine Verleumdung erkennen: "Das ist der Schluss, der sich aus dem Gutachten und den gesamten Unterlagen ergibt."
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