Rettungsgasse: Umstrittene Video-Überwachung gescheitert

Chaos bei Bildung einer Rettungsgasse
Die angekündigte Evaluierung wird nun ausgerechnet am Tag nach der Wahl fertiggestellt.

Die Rettungsgasse wurde vor mehr als 22 Monaten in Österreich eingeführt. Ob sie sich bewährt hat, soll eine Evaluierung von Experten klären. Die Erstellung der Analyse dauert (laut Auskunft von Verkehrsministerin Doris Bures gegenüber dem Parlament) exakt 15 Monate. Man muss also kein Mathematiker sein, um sich auszurechnen, dass der Bericht eigentlich längst hätte fertig sein müssen – nämlich seit rund sieben Monaten.

Rettungsgasse: Umstrittene Video-Überwachung gescheitert
bures rettungsgasse
Tatsächlich wird die Evaluierung erst Ende September dem Verkehrsministerium übergeben, voraussichtlich exakt am Tag nach der Nationalratswahl. Da mag es Zufall sein, dass der Bericht vom Kuratorium für Verkehrssicherheit erstellt wird. Das KfV wird mit Hunderttausenden Euro pro Jahr aus dem Ministerium gefördert.

Keine Asfinag-Kameras

Doch es gibt weitere Rückschläge in Sachen Rettungsgasse. Die von Bures angekündigte Kameraüberwachung kommt nun doch nicht. „Nachdem es leider keine Zustimmung des Koalitionspartners zu dem Vorhaben gegeben hat, gab es auch kein Legislativvorhaben, mit dem sich der Datenschutzrat beschäftigen konnte“, berichtet Bures-Sprecherin Marianne Lackner. Damit ist das Projekt gestorben.

Video zur Bildung der Rettungsgasse

An 49 „Hotspots“ sollte die Einhaltung der Rettungsgasse mit Asfinag-Kameras kontrolliert und den Kritikern so der Wind aus den Segeln genommen werden.

„Ich halte diese Art der Überwachung für überzogen“, bestätigte Innenministerin Johanna Mikl-Leitner gegenüber dem KURIER. „Immerhin schaffen es alle Länder, die eine Rettungsgasse haben, ohne Videoüberwachung. Aus gutem Grund: Solche Mittel können als Geldmacherei missbraucht werden.“

Pannenserie

Pannen scheinen die Rettungsgasse zu verfolgen. So wurde bereits eine millionenschwere Werbekampagne in Auftrag gegeben, als die Expertengruppe im Ministerium noch gar nicht getagt hatte. Mitglieder dieser Rettungsgassen-Kommission sprachen danach von Druck und gefälschten Protokollen. Wer gegen die Rettungsgasse war, wurde durch Ersatzmitglieder ausgetauscht.

Wie der KURIER aufdeckte, hatten die Experten des Ministeriums in einer Expertise die Rettungsgasse eigentlich strikt abgelehnt und vor chaotischen Zuständen gewarnt. Darüber hinaus ist bis heute rechtlich unklar, ob der Pannenstreifen für die Bildung der Rettungsgasse befahren werden darf.

September 2013 Im Urlauberverkehr kommt es vor dem Zetzenbergtunnel in Salzburg zu mehreren Unfällen. Der Abschleppdienst muss bei der Polizei um Blaulichteskorte bitten, damit er durch den Stau gelotst wird. Der Unfallsachverständige Gerhard Kronreif berichtetet in den SN, dass er meist über den Pannenstreifen der Gegenfahrbahn zu den Crashs fährt, um überhaupt zum Unfallort zu gelangen.

August 2013 Statt eine Rettungsgasse zu bilden, verlassen mehrere Lkw-Fahrer ihren Sattelschlepper, um auf der A 21 bei Gießhübl einen brennenden Reisebus zu begutachten. Die Feuerwehr kommt deshalb erst mit Verspätung an, der Bus ist ein Totalschaden.

März 2013 „Die Österreicher sind noch nicht bereit für die Rettungsgasse und die Ausländer freuen sich über eine freie Spur“, meinte Brigadier Karl Wammerl, der Chef der Wiener Verkehrspolizei, nach 15 Monaten Rettungsgasse. Kurz zuvor musste die Feuerwehr zu einem Serienunfall zu Fuß mit schwerem Gerät kommen, weil die Autobahn auf zwei Spuren gleich fünfspurig belegt war. Fazit des Büros von Verkehrsministerin Doris Bures: „Es ist nicht so, dass die Rettungsgasse nicht funktioniert, sondern die Autofahrer bilden sie nicht.“

Dezember 2012 Der bisherige Rekord wird auf der Westautobahn aufgestellt. Immer wieder werden neue Spuren für die Rettungsgasse gebildet und von Lenkern „genutzt“. Am Ende steht die Kolonne siebenspurig im Stau.

November 2012 Die Asfinag versucht per Brief, flehentlich an die Einsatzfahrer zu appellieren, doch die Rettungsgasse zu benutzen (statt dem Pannenstreifen, wo es oft rascher vorangeht).

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