Masern: Aufatmen nach Fehlalarm

Masern sind keine Kinderkrankheit: In Graz infizierten sich zwei Erwachsene.
Grazer Behörde befürchtete wegen falscher Daten Dutzende Erkrankungen.

Falsche oder fehlende Informationen über Impfdaten führten in Graz zum großen Zittern vor einer vermeintlichen Masern-Epidemie: Nachdem eine Krankenschwestern-Schülerin in Graz vergangene Woche an Masern erkrankt ist, bestand die Gefahr einer massiven Ausbreitung: Die junge Frau hatte mit bis zu 170 Kindern aus Kärnten, dem Burgenland und der Steiermark Kontakt.

Gestern wurde noch ein weiterer Fall bekannt: Bei einem Zivildiener des Klinikums sind am Wochenende ebenfalls Masern ausgebrochen. Mit wie vielen Menschen er Kontakt hatte, konnte kaum verifiziert werden: Er beteuert aber, das Wochenende über zu Hause geblieben zu sein.

Recherchen des Spitals ergaben schließlich ein erschreckendes Ergebnis: 40 jener Kinder, die mit der Schülerin zu tun hatten, seien ohne Impfschutz also potenziell selbst gefährdet, aber auch Infektionsüberträger. Klinikchef Christian Urban sprach in einem Interview sogar "von einem Pool, von dem natürlich jede Epidemie ausgehen kann".

Wie ein Schneeballsystem

Die Landessanitätsdirektion war entsprechend alarmiert: Da die Inkubationszeit bis zu 21 Tage dauern kann, rechnete man mit einer Welle von neuen Erkrankungen. "Das ist dann wie ein Schneeballsystem. Wenn Ungeschützte mit Erkrankten oder Infizierten in Kontakt kommen, liegt die Wahrscheinlichkeit zu erkranken bei 99 Prozent", warnte Ursula Schreiber von der Landessanitätsdirektion. "Wir könnten ein paar Dutzend Erkrankte bekommen. Die Welle rollt auf uns zu."

Doch Dienstagnachmittag gab es eine unerwartete Wendung: Statt 40 Kindern aus Graz und Umgebung war plötzlich nur noch eines ohne Impfschutz. „Wir können in dem Punkt ein bisserl Entwarnung geben“, betonte Klinikleiter Urban. „Wir haben bis gestern Früh den Impfstatus der 40 Kinder nicht gekannt und mussten davon ausgehen, dass sie nicht geschützt sind.“ Laut Spital seien die Impfungen im Magistrat Graz nicht gleich abrufbar gewesen. Das Gesundheitsamt kontert: Am Wochenende hätten Amtsärzte mit Spitalsmitarbeitern sämtliche Eltern angerufen, Montagfrüh sei auch der Zugang zur Impfdatenbank vorhanden gewesen.

Urban empfiehlt dennoch Wachsamkeit. "Wir kennen derzeit den Impfschutz der betroffenen Eltern nicht. Wir wissen nur, die Kinder sind geschützt." In Österreich beträgt die Durchimpfungsrate gegen Masern nämlich nur rund 80 Prozent. "Das ist viel zu wenig", mahnte Landes-Expertin Schreiber. "Die Leute lassen sich zu wenig impfen, das ist ein Problem und jetzt hat’s uns erwischt." Die Rate müsste mindestens 95 Prozent betragen, damit gesamte Bevölkerung geschützt ist. In einem von 1000 Fällen verlaufen die Masern übrigens tödlich.

Das Uni-Klinikum reagiert nun prophylaktisch: Der Impfstatus aller Mitarbeiter von Kinderklinik und Kinderchirurgie wird erhoben, notfalls wird geimpft. Sowohl die Schülerin als auch der Zivildiener dürften sich beim selben Kind angesteckt haben: Der Dreijährige war im Februar in der Ambulanz, doch die Masern-Symptome wurden nicht sofort erkannt.

Masern sind bereits ansteckend, auch wenn der Betroffene noch keine typischen Anzeichen zeigt: Anfangs gibt es Symptome wie bei einer schweren Grippe, ehe nach bis zu zwei Wochen die bekannten Masernflecken auftreten.

Übertragen wird durch Tröpfchen- oder Schmierinfektion. Das Virus kann bis zu zwei Stunden außerhalb des menschlichen Körpers überleben, auf Oberflächen von Möbeln etwa. Wer vor weniger als drei Tagen Kontakt mit Infizierten hatte, dem könnte eine sogenannte Abriegelungsimpfung noch helfen.

Experten raten aber generell, einen Blick in den Impfpass zu werfen. "Jeder sollte schauen, ob er geimpft ist. Das betrifft vor allem Erwachsene", mahnt Sabine Haselbacher vom Hygieneinstitut der Medizinischen Uni Graz. Im Zweifelsfall sei es besser, die beiden nötigen Impfungen vornehmen zu lassen, (gratis in den Gesundheitsämtern). "Man kann hier nicht überimpfen." Wer ganz sicher gehen will, könne zuvor seinen Immunstatus durch einen Bluttest feststellen lassen.

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