Konkurrenz für Gaston Glock

Der gebürtige Russe Michael Yudelson beginnt in Feistritz mit der Produktion von Scharfschützengewehren
Gebürtiger Russe siedelt sich mit Waffenfabrik in unmittelbarer Nähe an / Tauziehen um Fachkräfte.

Der eine produziert Pistolen, der andere Sport-Scharfschützen-Gewehre. Kaum zu glauben also, dass sich der alteingesessene Waffen-Industrielle Gaston Glock und Newcomer Michael Yudelson in die Quere kommen und Konkurrenten werden könnten. Da sich aber Letzterer mit seiner Firma ebenfalls im Kärntner Rosental angesiedelt hat, ist ein Tauziehen um Facharbeiter und HTL-Absolventen entstanden.

"Büchsenmacherstadt" nennt sich Ferlach im Rosental. Dort hat das Handwerk Tradition und ist hoch angesehen, dort ist der Sitz der HTL für Waffen- und Sicherheitstechnik und dort beschäftigt die Pistolenfabrik des Industriellen Gaston Glock rund 500 Mitarbeiter.

Im Waffenhandel tätig

Nun macht sich allerdings ein zweiter Waffenproduzent in Glocks Revier breit: Der gebürtige Russe Michael Yudelson war früher laut Eigenangaben Militärpilot und zuletzt im internationalen Waffenhandel tätig. Gelebt habe er in Russland, Israel, Deutschland und den USA. Und in den letzten Monaten stampfte Yudelson auf dem ehemaligen Bärenbatterien-Gelände in Feistritz, lediglich zwölf Kilometer von Glocks Waffenschmiede in Ferlach entfernt, eine Fabrik für Sport-Scharfschützen-Gewehre aus dem Boden.

Die Firma FMF Tactical (beteiligt sind der Ferlacher Jagdwaffen-Produzent Herbert Scheiring und eine englische Investorengruppe) rekrutierte in den letzten Monaten bereits 64 Mitarbeiter, ehe die Produktion überhaupt aufgenommen wurde. Da Facharbeiter in der Region rar sind, gibt es aktuell ein "Duell" zwischen Glock und Yudelson um die Arbeitskräfte.

"Wir benötigen Fertigungstechniker, Waffenkonstrukteure und CNC-Bediener. Leider unterstützt uns die Ferlacher HTL nicht bei der Suche nach qualifizierten Facharbeitern. Nur ein Absolvent konnte bislang gewonnen werden", sagt Yudelson. Der Schritt zu Glock hat offenbar nach wie vor Tradition. "Es ist auch nicht unsere Aufgabe, Schüler irgendwohin zu vermitteln", entgegnet HTL-Schuldirektorin Silke Bergmoser. "Uns ist schon bewusst, dass es jetzt zwei Firmen mit ähnlichen Produktionsinhalten gibt. Aber wir sind für die bestmögliche Ausbildung der Schüler zuständig. Wohin unsere Absolventen letztlich wechseln, liegt ja überhaupt nicht in unseren Händen."

20 Prozent mehr Gehalt

Yudelson holte sich folglich einerseits Mitarbeiter aus dem Ausland, fischt aber auch in fremden Teichen – also bei Milliardär Glock. Im Zuge seiner Abwerbeaktionen bietet der Russe ein höheres Lohnniveau, wie er unumwunden zugibt. "Ich zahle 15 bis 20 Prozent mehr, das stimmt. Somit kann ich mir die qualifizierten Leute gezielt aussuchen." Man hört von vermehrten Kündigungen in der Glock-Fabrik. Die Pressestelle von Gaston Glock wollte trotz mehrmaliger Versuche keine Stellungnahme abgeben. Yudelson sieht den großen Waffenindustriellen als "Inspiration."

80.000 pro Jahr

Der Konkurrenzkampf könnte aber noch ganz andere Dimensionen erreichen, weil FMF Tactical stetig wachsen will. Für nächste Woche ist der Produktionsstart des Gewehr-Prototyps geplant. "Wir wollen im ersten Jahr 10.000 Stück erzeugen und 2017 auf 60.000 bis 80.000 pro Jahr kommen. Es gibt einen Auftrag aus den USA, wonach wir 300.000 Scharfschützen-Gewehre bis 2020 produzieren werden", sagt Yudelson, der in Übersee einen riesigen Bedarf an Sportgewehren mit großer Reichweite und Präzision ortet. Sie werden im Einzelhandel 9000 Euro pro Stück kosten. Daher soll der Mitarbeiterstand bis 2018 auf 120 erhöht werden.

Sonya Feinig (SPÖ), Bürgermeisterin von Feistritz, steht dem Projekt übrigens positiv gegenüber. "Der Industriepark ist ausgelastet, Arbeitsplätze werden geschaffen", betont sie. Und ihr Pendant in Ferlach, Ingo Appe: "Wir beobachten gespannt, wie sich das Unternehmen in Feistritz entwickelt. Das Rosental kann sicher eine zweite Waffenfirma verkraften."

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