Im Sog des Spielberger Grand Prix
Den Tribünen kannst’ jeden Tag beim Wachsen zuschauen“, staunt ein Spielberger, der mit seinen Walkingstecken an der Rennstrecke vorbeimarschiert. „Vor einer Woche waren die noch nicht so hoch.“
Im Drei-Schicht-Betrieb wird am Red Bull Ring gearbeitet. Bauarbeiter ziehen anstelle eines Erdwalls direkt bei der Start-Ziel-Linie nicht nur ein neues Gebäude hoch, sondern verlängern auch Tribünen und Boxengebäude. Als das Gelände noch Ö-Ring und A1-Ring hieß, gab es hier einmal 19.000 permanente Tribünenplätze. Am Red Bull Ring sind es um 6000 mehr. Und weil Dietrich Mateschitz nicht kleckert, sondern klotzt, werden kurz vor dem Grand Prix auch noch mobile Tribünen angekarrt. 225.000 Besucher werden vor Ort erwartet, 500 Millionen schauen via TV zu.
Seit vergangener Woche ist die Rückkehr der Formel 1 am 22. Juni nach Spielberg rechtlich bewilligt, die Behörde genehmigte nach dem neuen Veranstaltungsgesetz. Dass die Anrainer da so gar nicht gefragt wurden, wurmt etwa Karl Arbesser, den peniblen Wächter über Lärmpegel. „Die Formel 1 stört hier keinen Menschen. Aber dass man die Nachbarrechte ausschaltet?“ Das Landesgesetz sieht aber bei solchen Verfahren keine Mitsprache der Anrainer vor. Arbesser wurde einst als eine Art Ombudsmann für die Anrainer eingesetzt, dafür gab es auch Geld vom Land.
Neuer Schwung
Gehämmert und gebohrt wird aber nicht nur am Renngelände. Der Sog der Formel 1 zog auch Investoren anderer Branchen mit: Ein neues Hotel sperrt Ende Mai auf, ein bestehendes wird renoviert. Touristisch verbuchen nicht nur die umliegenden Gemeinden einen Schwung an zusätzlichen Gäste und Übernachtungen, die Hotelbuchungen gehen weit bis in den Grazer Raum. Landwirte mit brachliegenden Wiesen beim Ringgelände werden auch wieder etwas dazuverdienen: 25.000 Parkplätze sind kalkuliert.
Auch die Gasthäuser rüsten sich. Im Vorjahr hat etwa Christian Simon den „Auwirt“ übernommen und wieder aufgemacht. „Der Grand Prix ist ein Super-Bonus“, freut sich der Wirt. „Es war absehbar, das die Formel 1 wieder zurückkehrt“, stimmt ihm seine Schwester Doris zu. „Jeder bei uns im Ort hat gewusst, dass das kommen wird. In dem Moment, in dem Mateschitz den Ring hat, kommt die Formel 1. Warum soll er das sonst machen?“
Red-Bull-Chef Mateschitz hat sich aber auch darüber hinaus einige Schnäppchen in und um Spielberg gesichert: Schönberghof hoch über dem Ringgelände, Hofwirt in Seckau, Hotel G’schlössl in Großlobming, Steirerschlössl in Zeltweg.
Ganzjahresbetrieb
Im Kleinen machen es ihm auch private Zimmervermieter nach: Viele, die nach dem Ende des Grand Prix 2003 aufhörten, würden jetzt wieder Chancen sehen, glaubt Bürgermeister Manfred Lenger, SPÖ. „Der Motor für diese Region war immer die Formel-1-Strecke. Aber das nur noch auf die Formel 1 zu reduzieren ist zu wenig.“ Der Ring werde zum Ganzjahresbetrieb aufgebaut. „Truck-Grand-Prix, DTM, Musikfestival, Biathlon“, zählt Lenger auf. „Eigentlich tut sich hier jeden Tag etwas.“ Er hofft, dass Firmen nachziehen. „Schön wäre, wenn sich passende Betriebe jetzt auch hier ansiedeln.“
Spielberg: Die bisherigen Sieger
190.000 Besucher hatte die „Projekt Spielberg GmbH“ respektive Red Bull zunächst bei der Bezirkshauptmannschaft Murtal zur Bewilligung eingereicht. Doch weil die für sie aufgelegten Eintrittskarten im Nu vergeben waren, wurde um zusätzliche 35.000 Besucher während des Grand Prix angesucht.
Letztlich wurden also 225.000 Gäste bewilligt und dennoch: Im offiziellen Ticketportal ist alles weg. Vom teuersten Platz auf der überdachten Start-Ziel-Tribüne (495 Euro für das Wochenende) bis hin zum Stehplatz (95 Euro) neben jeder Kategorie prangt auf der Homepage das für Fans unerquickliche ausverkauft.
Allerdings werden zu spät Gekommene dort auch vertröstet: Bei solchen Veranstaltungen käme es immer wieder zu Stornierungen, diese Karten würden dann sofort wieder zum Verkauf freigegeben. Ab Mitte Jänner sollte die Homepage deshalb genau beobachtet werden.
Rennstrecke Auf der ersten Rennstrecke (Ö-Ring) wurden von 1970 bis 1987 Grands Prix ausgetragen. 1995 wurde zum A1-Ring umgebaut, die Formel 1 fuhr zwischen 1997 und 2003. 2011 wurde der Red Bull Ring eröffnet.
Geld Dietrich Mateschitz soll kolportierte 140 Millionen Euro in das gesamte Projekt investiert haben, also in sportliche und touristische Infrastruktur. Das Land Steiermark fördert mit neun Millionen Euro.
Wirtschaft Eine Studie des „International Central European Institutes“ rechnet mit 71 Millionen Euro Wertschöpfung für die Region durch das Projekt Spielberg. Es gäbe 20 Millionen Euro zusätzliche Steuereinnahmen.
Jobs Langfristig würden durch Ring und Rennen 65 neue, dauerhafte Arbeitsplätze geschaffen, heißt es in der Studie.
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