Steirer wegen zweifachen Mordversuchs vor Gericht

Prozessbeginn gegen einen Oststeirer am Straflandesgericht in Graz.
Der 53-Jährige verletzte Mutter und deren Tochter mit selbst gebastelter Waffe schwer.

Im Grazer Straflandesgericht ist am Donnerstag ein Steirer wegen zweifachen Mordversuchs und zweifacher Körperverletzung vor Gericht. Er soll seine Nachbarin und ihre Tochter versucht haben zu töten, die ältere Tochter und ein weiterer Nachbar wurden verletzt. Der Mann flüchtete nach der Tat und wurde erst Tage später im Wald entdeckt.

Der 53-jährige Beschuldigte hatte zunächst ein gutes Verhältnis zu seinen Nachbarn und kümmerte sich oft um die Mädchen. 2015 kam es zum Streit, weil die Kinder - damals sechs und acht Jahre - lieber mit einem Nachbarsbuben spielten. Der 53-Jährige wurde eifersüchtig und wollte die Mädchen zwingen, ihn zu besuchen. Doch schließlich verbot ihnen die Mutter den Umgang mit dem Angeklagten. Da entschloss sich dieser, der Frau einen "Denkzettel" zu verpassen. Er fertigte aus zwei Metallrohren, die vorne eingeschnitten, nach außen umgebogen und mit Nägel gespickt waren eine gefährliche Stich- und Schlagwaffe an.

Mit diesem Eisenstück schlug er auf die Mutter und das jüngere Mädchen ein, die beide schwer verletzt wurden. Die ältere Tochter sowie ein zu Hilfe eilender Nachbar wurden leicht verletzt. Nach dem Angriff versteckte sich der mutmaßliche Täter fünf Tage lang im Wald, bevor er schließlich von einer Hundestaffel gestellt werden konnte.

Video von der Überwachungskamera

Eine Woche vor Prozessbeginn ist ein Video vorgelegt worden, das das Ende der brutalen Attacke zeigt. Darauf ist zu sehen, wie der Mann über den Kopf ausholt und mit dem Rohr zuschlägt. Dann sieht man die schwerverletzte Mutter ihr lebloses Kind mit letzter Kraft ins Nachbarhaus schleifen, wo sich die Kamera befand. Der Angeklagte meinte dazu: "So arg war das nicht."

Die Überwachungskamera lieferte Bilder vom Eingangsbereich des Nachbarhauses, in dessen Nähe sich die Tat abgespielt hatte. Man sah bei der Einspielung vor Gericht den Nachbarn, wie er mit einer Schreckschusspistole zu Hilfe eilte, aber man erkannte auch den Angeklagten, wie er zwei Mal ausholte und mit dem Eisenrohr zuschlug. Das Opfer befand sich außer Sichtweite der Kamera, aber die Verletzungen der Mutter und des jüngeren Mädchens sprachen für sich. Die Frau blutete ebenso wie das Kind am ganzen Körper, der Sechsjährigen wurde unter anderem der Kiefer mehrfach zertrümmert. Auf dem Film sah man, wie die Mutter das Kind wie eine Puppe auf den Armen trug, bevor sie die Kraft verließ und sie die Kleine an den Händen haltend ins Haus schliff.

Er betonte, er habe die Frau und das Kind nicht erschlagen wollen. Vor der Polizei hatte er noch angegeben, er "war von Sinnen vor lauter Zorn". Doch bei der Verhandlung meinte er: "So arg war das nicht." Daraufhin sprang der beisitzende Richter Andreas Rom auf, ging zum Angeklagten und legte ihm ein großes Foto von der schwerverletzten Mutter, die ihr bewusstloses, blutüberströmtes Kind im Arm hält, hin: "Und jetzt wiederholen Sie das", befahl er. Doch der 53-Jährige schwieg.

"Ich hab' nichts gedacht in dem Moment", beschrieb er seine Empfindungen bei der Tat. "Wäre der Nachbar mit seiner Schusswaffe nicht gewesen, hätten Sie beide erschlagen", war Richter Lenz überzeugt. "Nein", antwortete der Steirer.

Im Gefängnis hat er offenbar versucht, sich mit einer Blechdose die rechte Hand zu verstümmeln, die er bei der Verhandlung immer wieder betrachtete. "Ich bin ein Krüppel", meinte er, ohne die Fragen des Senats wirklich zu beantworten.

Laut psychiatrischem Gutachten voll zurechnungsfähig

Die psychiatrische Sachverständige Adelheid Kastner hatte den Angeklagten als zurechnungsfähig eingestuft. Er betrachte die Kinder aber als "kleine Erwachsene" und habe ihnen gegenüber "Besitzansprüche" gehabt, heißt es im Gutachten. "Einsamkeit, gepaart mit Wut" spiele bei dem 53-Jährigen eine Rolle, so die Psychiaterin.

Der Steirer leidet nach Meinung der Sachverständigen an keiner Persönlichkeitsstörung, hat aber eine Außenseiter-Position eingenommen. Er habe den Wunsch nach Kontakt, er könne aber die Bedingungen für soziale Kontakte nicht erkennen. Bei dem Angeklagten habe sicher Eifersucht eine Rolle gespielt, weswegen er den Nachbarsbuben als eine Art "Nebenbuhler" betrachtet habe.

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