Kunstbetrug: Spur führt in nobles Wiener Palais
Es klingt sehr verlockend: Ein angesehener, französischer Kunstkenner bot Anteile seiner Aktivitäten am internationalen Kunstmarkt an. Er kaufte wertvolle Manuskripte, wie das Original von Albert Einsteins Relativitätstheorie oder Napoleons Heiratsurkunde, und verkaufte die Relikte teuer weiter. Angeboten wurden Renditen bis zu 40 Prozent. Wie jeder weiß, ist mit Kunst noch Geld zu verdienen.
Doch dahinter dürfte sich ein gigantischer Betrug verborgen haben, wie nun langsam immer deutlicher wird. In Kunstkreisen ist von einem zweiten Fall Madoff die Rede – jenem legendären Investment-Betrug in Höhe von 50 Milliarden Euro. Mutmaßlicher Organisator ist diesmal der im November festgenommene Kunsthändler Gérard Lhéritier. Er soll die Manuskripte teils zu überhöhten Preisen gekauft haben, um Aktivitäten vorzutäuschen. Einmal in seinem Besitz, hob er den Schätzpreis immer wieder an. Einsteins Relativitätstheorie etwa kaufte Lhéritier um 559.000 Dollar; nach einigen Jahren schätzte er den Wiederverkaufswert auf 28,5 Millionen. Nachdem die versprochenen Renditen nicht mehr bedient werden konnten, wurde seine Firma "Aristophil" im Februar liquidiert. Die Ermittlungen in Frankreich laufen.
18.000 Opfer
In dem Fall soll es um rund 800 Millionen Euro und bis zu 18.000 Geschädigte gehen, berichtet die Fachzeitung The Art Newspaper. Die Firma "Aristophil" hatte bis Dezember auch eine Niederlassung im noblen Palais Esterházy in der Wiener City. Die Gläubiger-Schützer vom Alpenländischen Kreditorenverband bestätigen ein seit Dezember laufendes Insolvenzverfahren; Masseverwalter ist der Anwalt Thomas Deschka.
Laut KURIER-Recherchen gibt es rund 150 Österreicher unter den Opfern, der Schaden soll mindestens drei Millionen Euro betragen. Noch immer melden sich fast täglich weitere Geschädigte. Über die Wiener Zweigstelle und Kooperationspartner wurden Anteile an dem Kunsthandelsgeschäft abgewickelt.
Keine Ermittlungen
Dennoch gibt es in Österreich zu dem Fall bisher keine Ermittlungen, wie das Bundeskriminalamt auf Anfrage bestätigt. Und das, obwohl in das Verfahren Involvierte den Fall hinter vorgehaltener Hand für höchst hinterfragenswürdig halten.
Im Laufe des Jahres sollen rund 135.000 der sichergestellten Manuskripte zwangsversteigert werden. Experten befürchten, dass der Markt damit einbricht und die Preise in den Keller rasseln.
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