Anstalts-Psychologe in der Unterhose

Anstalts-Psychologe in der Unterhose
Therapeut soll Kolleginnen begrapscht haben. Kritik an laschen Reaktionen der Justizverwaltung.

Ausgerechnet zwei Psychologen, die ihre Triebe selbst nicht im Griff zu haben scheinen, therapieren im Gefängnis Sexualstraftäter. Wie der Falter berichtet, ermittelt die Staatsanwaltschaft Graz gegen den einen Psychologen wegen des Verdachts der sexuellen Belästigung: Der Mann soll als stellvertretender Leiter des psychosozialen Dienstes der Karlau ständig in der Unterhose aufgetreten sein und Kolleginnen begrapscht haben. Die Reaktion der Vollzugsdirektion erschöpfte sich in einer Versetzung. Der Psychologe macht nun Dienst in der Justizanstalt Graz-Jakomini, bestätigt General Peter Prechtl: "Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, wird das Dienstverhältnis aber beendet."

Derzeit läuft das Verfahren bei der Justiz wegen drei Vorfällen mit zwei mutmaßlichen Opfern, sagt Staatsanwalt Hansjörg Bacher. "Brust und Genitalbereich sollen über der Kleidung berührt worden sein." Der Falter zitiert detaillierter aus Protokollen. Ihr Vorgesetzter habe ihre Brüste betastet, berichtet eine Frau: "Sie stehen so schön weg, da muss man hingreifen", habe er gesagt. Eine Kollegin schilderte, wie ihr der Mann in den Schritt gegriffen habe: "Was soll ich mit meiner Geilheit machen?"

Zweiter Fall

Dem Psychologen und einem Psychiater wird außerdem vorgeworfen, trotz Hinweisen die Suizidgefahr eines Häftlings ignoriert und ihn im Keller isoliert zu haben. Der Mann erhängte sich. Ermittelt wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung.

Der versetzte Psychologe arbeitet auch in Graz-Jakomini weiter mit Sexualstraftätern. Macht das Sinn? "Man könnte auf seine Dienstleistung verzichten", überlegt General Prechtl. "Aber das hieße, dass er bei vollen Bezügen zu Hause sitzt."

Doch der Psychologe soll kein Einzelfall sein. Auch gegen seinen Ex-Vorgesetzten, den Chefpsychologen in der Karlau, gab es Vorwürfe. Da soll es um anzügliche Äußerungen und SMS gegenüber Kolleginnen gegangen sein. "Das war 2010 und ist rechtskräftig beendet", verweist Prechtl auf ein Disziplinarurteil über 300 Euro Strafe.

Heftige Kritik am Umgang kommt von Psychiater Patrick Frottier, Berater und Gutachter des Justizministeriums. Er ist ehemaliger psychiatrischer Leiter der Justizanstalt Wien-Mittersteig. "Wenn es Übergriffe gibt, müssen schnelle und untadelige Signale gesetzt werden, dass solches Verhalten nicht toleriert wird." Das sei im Fall des Chefpsychologen in der Karlau offenbar nicht passiert.

Kein Vorbild

Frottier betont, dass gerade Psychologen und Psychiater Vorbilder sein müssten. "In jedem anderen Betrieb würde jemand, der so etwas gemacht hat, binnen fünf Minuten suspendiert. Und man müsste sagen, der ist kein Vorbild, daher können wir ihn nicht behalten." Wenn bei einem Chef, der so etwas mache, die Konsequenzen so minimal seien, dürfe man sich nicht wundern, wenn der Stellvertreter das Gleiche mache. "Sofern er das gemacht hat, hat er sich von den Konsequenzen offensichtlich nicht beeindrucken lassen."

Im Zusammenhang mit dem Beamten aus der Anstalt Wien-Josefstadt, der weibliche Gefangene zu sexuellen Diensten genötigt haben soll, sieht Frottier "ein Sittenbild, wie es in den Justizanstalten möglicherweise zugeht."

Der versetzte Grazer Psychologe weist die Vorwürfe von sich. Die Frauen hätten freiwillig mit ihm geschmust. Sein Ex-Chef sieht "alles aus dem Zusammenhang" gerissen, gesteht aber zu: Er habe sich "nicht ganz richtig" benommen.

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