Traiskirchen platzt aus allen Nähten

Traiskirchen platzt aus allen Nähten
Erstaufnahmezentrum doppelt überbelegt, nur Wien und Burgenland erfüllen Unterbringungsquote.

Keine zwei Jahre war es ruhig um das Flüchtlingslager in Traiskirchen. Jetzt macht das Erstaufnahmezentrum erneut Probleme: Es ist wieder zum Bersten voll. Rund 1030 Asylwerber sind dort aktuell untergebracht. Niederösterreich reagiert ungewöhnlich: Die zuständige Landesrätin setzt zur Besuchstour durch Österreich an, um vor allem in Westösterreich mehr Aufnahme-Disziplin einzumahnen.

Dabei sollte es eigentlich keine Diskussionen um die Belagszahlen geben: Eine nach wie vor aufrechte Vereinbarung zwischen Land und Bund legt die Aufnahmekapazität mit 480 Personen fest. Eingehalten wird diese Regelung nicht, wie die aktuellen Zahlen zeigen. Aus der zuständigen Landesabteilung heißt es dazu: "Die Zahl ist fast nicht einzuhalten, wenn nicht alle Bundesländer mitarbeiten. Wir bemühen uns nach Kräften, in Niederösterreich immer neue Privatquartiere zu finden, um die Menschen aus Traiskirchen wegzubringen." In den nächsten Monaten sollen so weitere 400 Unterbringungsplätze gefunden werden.

Quoten

Traiskirchen platzt aus allen Nähten
Doch Niederösterreich allein werde das Problem nicht lösen können, sagt die für Asylfragen zuständige Landesrätin Elisabeth Kaufmann-Bruckberger (Team NÖ). Noch im November hatte sie bei einem Gipfelgespräch auf Stift Göttweig mit Vertretern aller Bundesländer eine "solidarische Asylpolitik" vereinbart. "Dazu zählt auch, die vereinbarte Belagszahl von Traiskirchen gemeinsam einzuhalten", sagt die Politikerin.

Die Unterbringungsquoten mancher Bundesländer sprechen eine andere Sprache: Tirol, Salzburg und Oberösterreich erfüllen ihre Quoten aktuell zu 83 Prozent, Vorarlberg zu 86 Prozent. Kärnten (91 Prozent) und Niederösterreich (94 Prozent) halten bei deutlich höheren Werten. Das Burgenland erfüllt seine Quote zu hundert Prozent. Wien liegt mit knapp 142 Prozent deutlich vor allen anderen. Allerdings wird die Bundeshauptstadt für diese Übererfüllung von den Ländern finanziell unterstützt. "Manche zahlen halt lieber an Wien, statt selbst Quartiere zu schaffen", schließt Kaufmann-Bruckberger daraus.

Sie hat ihren Kollegen in den anderen Ländern jetzt einen Brief geschrieben, in dem sie Solidarität einfordert. Zusätzlich kündigt sie eine "Besuchstour" an, um sich "betreffend Schaffung [...] von Quartieren [...] auszutauschen".

In Traiskirchen begrüßt man die Initiative grundsätzlich. "Aber auch in Niederösterreich selbst gibt es noch einiges zu tun", meint Bürgermeister Andreas Babler. Er forderte zuletzt wiederholt ein neues Gesetz statt der Quotenvereinbarungen zwischen Bund und Ländern. "Außerdem braucht Österreich neben Thalham und Traiskirchen weitere Erstaufnahmezentren", sagt Babler.

42.000 Flüchtlinge wurden in den ersten vier Monaten des Jahres an den EU-Außengrenzen aufgegriffen – drei Mal so viele wie im Vergleichszeitraum 2013. Seitens der EU-Grenzschutzbehörde Frontex sieht man bewaffnete Konflikte wie in Syrien als Ursache und rechnet weiter mit „sehr hohen Zahlen“.

Der Syrien-Konflikt spiegelt sich auch in der Statistik des Innenministeriums wider: 1269 Syrer haben von Jänner bis April in Österreich einen Asylantrag gestellt, im Jahr zuvor waren es im gleichen Zeitraum noch 405 gewesen. Davon unabhängig hat sich Österreich verpflichtet, 1500 Syrer im Rahmen der UNHCR-Hilfsaktion aufzunehmen.

Insgesamt ist die Zahl der Asylanträge in Österreich von Jänner bis April aber sogar um 0,9 Prozent leicht gesunken. „Entgegen dem Trend“, meint Hermann Muhr, Sprecher des Innenministeriums. Deutschland verzeichnet eine Steigerung um fast 76 Prozent.

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