Die Patienten liegen in der Auslage

Die Patienten liegen in der Auslage
Mangelnder Sichtschutz erlaubt Anrainern tiefe Einblicke in den Krankenhausbetrieb.

Große Fenster, geräumige Räume – die Patientenzimmer des neuen Pavillon A des im Umbau befindlichen Krankenhaus Mödling, NÖ, machen optisch einiges her. Das wissen auch die Anrainer der gegenüberliegenden Wohnbauten. Sie haben aus ihren Wohnzimmern nämlich freie Sicht bis in die Betten der Kranken sowie in die Räumlichkeiten der Angestellten, Büros und Labors. Die Menschen liegen bzw. stehen buchstäblich in der Auslage.

Nur eine zweispurige Straße trennt die Mehrfamilienhäuser vom neuen Krankenhaus-Trakt, der im Mai bezogen wurde. Schon in der Früh würden Patienten an den großen Fenstern stehen und ihnen zuwinken, berichten Anrainer. Umgekehrt würden sie selbst manchmal mehr von den Kranken sehen, als ihnen lieb ist. Zwar gibt es Außenrollos oder dicke Vorhänge, doch der Sichtschutz wird nicht konsequent genutzt.

Die Patienten liegen in der Auslage
Mehrere Lokalaugenscheine und Fotos, die dem KURIER vorliegen, belegen dies. Patienten können in ihren Betten beobachtet werden. Mit geeigneter Ausrüstung sind sogar Infos zu ihrem Gesundheitszustand zu erkennen, in einem der Büros könnte damit am Bildschirm mitgelesen werden. Patienten im Krankenhaus haben allerdings das Recht auf die Wahrung ihrer Intimsphäre. So steht es in der NÖ Patientencharta und auch im NÖ Krankenanstaltengesetz. Die Intimsphäre ist laut Ansicht von Patientenanwalt Gerald Bachinger jedoch nicht ausreichend gewahrt. Auch er warf einen Blick auf die entsprechenden Bilder. "Ich denke, dass hier schnellstens etwas zu unternehmen ist", sagt er. Auch um dem Datenschutz gerecht zu werden. "Ich glaube, dass es da leicht eine effektive Lösung, etwa blickdichte Folien, gibt."

Einzelmaßnahmen

Ein Arzt, der lieber anonym bleiben will, berichtet, dass in dieser Causa seit Längerem urgiert worden sei. Nachträglich seien dann Maßnahmen wie Außenrollos oder mattierte Scheiben in einzelnen Räumen umgesetzt worden. "Aber optimal ist es nicht." Auch die Mitarbeiterräume, etwa jene bei den OP-Sälen, seien voll einsehbar.

Auf Anfrage des KURIER heißt es seitens der Landeskliniken-Holding, dass für die entsprechenden Zimmer bereits Vorhänge bestellt worden seien, die aber aufgrund gesetzlicher Anforderungen sonderangefertigt werden müssen. Bei Anlieferung werde sofort ein Installationstermin vereinbart.

Die Einsehbarkeit ist laut den Klinikmitarbeitern jedoch nicht das einzige Problem im neuen Pavillon. So würde aufgrund des hohen Grundwasserspiegels nach wie vor Wasser in das neu gebaute Gebäude eindringen. Eine Mitarbeiterin berichtet, dass daher aufgrund von Schimmelbefall "ein Zimmer nach dem anderen geschlossen" werde. Bei Abrissarbeiten sei zuletzt sogar Staub in den Kreißsaal im alten Krankenhaus-Teil eingedrungen, heißt es aus der Ärzteschaft sowie vom Pflegepersonal.

Die Vorwürfe wiegelt die Holding umgehend ab. Es gebe kein generelles Problem mit dem Grundwasser, stellt Sprecher Bernhard Jany klar. Zwar habe es aufgrund eines Wasserschadens in der Technik im Frühjahr Schimmelbefall gegeben, der sei jedoch behoben. "Ein Schimmelbefall liegt nicht mehr vor."

Umstrukturierungen im Zuge des Neubaus hätten in manchen Abteilungen für Unmut gesorgt, berichtet ein Insider, der anonym bleiben will. So hätten innerhalb eines Jahres zehn OP-Schwestern aufgehört, auch vier Fachärzte seien verloren gegangen. Diensträder könnten vor allem während der Urlaubszeit oder bei Krankenständen nicht mehr vollständig besetzt werden. Auch die Reduktion der Ärztearbeitszeit wirke hier hinein. Aktuell könnten in der Chirurgie zahlreiche Dienste nicht besetzt werden, berichtet ein weiterer Insider. Generell würden junge, frisch ausgebildete Ärzte das Spital schnell wieder verlassen. Die verbliebenen würden häufig nach Baden abgezogen. Die Unzufriedenheit sei hoch, Krankenstände häufig, berichtet auch das pflegende Personal.

Bei der Holding betont man, dass von einer Personalknappheit nicht gesprochen werden könne. Alle Plan-Posten im ärztlichen Dienst seien besetzt. Durch die Reduktion der Ärztearbeitszeit seien hingegen sogar neue Posten geschaffen und besetzt worden. Die Rotation von Ärzten zwischen den Klinik-Standorten Baden und Mödling seien Teil des regionalen Versorgungskonzepts. Das sei seit Jahren gelebte Realität.

Kommentare