"Es gibt viele Leute, die uns helfen"

Zwischen Flüchtlingen und Maria Enzersdorfern entstanden zum Teil sehr enge Freundschaften
In Maria Enzersdorf unterstützen die Bewohner seit 1992 Menschen auf der Flucht.

Iiiihh, Schnecke", kreischt Chengelo und macht einen Satz zurück. Insekten und andere Krabbeltiere sind dem Dreijährigen nicht ganz geheuer. Umso mutiger ist der aufgeweckte Bub, wenn es darum geht mit seinem Fahrrad durch den Hof zu brausen, während Mama Cecilia beim Deutschkurs büffelt.

Seit seiner Geburt wohnt Chengelo mit seiner Mama, die aus Sambia stammt, in der Flüchtlingsunterkunft der Caritas in St. Gabriel in Maria Enzersdorf. Vor einem Monat erhielt sie einen positiven Asylbescheid und hofft nun, ihren mittlerweile elfjährigen Sohn aus Afrika zu sich holen zu können. 150 Asylwerber aus zehn Nationen werden in Maria Enzersdorf von der Caritas betreut, 40 davon sind unbegleitete Minderjährige. Die anderen sind Menschen mit psychischen oder körperlichen Leiden und ihre Familien.

Im Ort sind sie willkommen, immerhin hat in Maria Enzersdorf Hilfe für Flüchtlinge Tradition. Seit 1992 werden im Kloster der Steyler Missionare Asylwerber betreut.

"Es gibt viele Leute, die uns helfen"
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"Wir haben 40 bis 50 Ehrenamtliche, die mit den Kindern und Erwachsenen Deutsch lernen, sie aufs Amt begleiten oder mit Flüchtlingen im Rollstuhl Ausflüge unternehmen", erzählt der stellvertretende Leiter Norbert Fuchs. Menschen sammeln Spenden, für Kinder gibt es ein "Lerncafe", eigens gegründete Vereine wie "Topfreisen" sorgen für Beschäftigung der Flüchtlinge. "Es sind einfach die Zeit- und Kontaktspenden, die wertvoll sind. Das wertet den Menschen auf", erklärt Fuchs.

Bewährt habe sich auch das "Nachbarschaftshilfe-Projekt". Asylwerber helfen dabei den Maria Enzersdorfern bei kleinen Arbeiten. "Da sind schon Freundschaften entstanden, die über die Dauer des Aufenthalts bei uns hinausgehen."

Gute Samariter

Das kann Volotya Smbatyna aus Armenien bestätigen. Seit sieben Jahren warten er und seine Familie auf einen positiven Asylbescheid. Ein Maria Enzersdorfer nahm sich der Flüchtlinge an, gab Deutschkurse und Nachhilfe. Mittlerweile steht der 24-Jährige vor der Matura. In der neuen Wohnung, die die Familie von der Pfarre in Perchtoldsdorf erhielt, kommt der "gute Samariter" immer wieder zu Besuch. "Ich bedanke mich wirklich bei Österreich, weil es viele Leute gibt, die uns helfen", sagt Volotya. Auch Elisa Aykhaeva aus Tschetschenien hat im Ort Freundinnen gefunden. Ihre zwei Töchter gehen in den Kindergarten und die Volksschule. "Eine Dame gibt meiner Tochter Nachhilfe. Und sie macht mit ihr Ausflüge oder geht ins Schwimmbad, weil ich nicht so viel Geld habe", erzählt sie.

"Ich glaube einfach, dass es viele Berührungsängste gibt", sagt Petra Fischerlehner-Freiler. Gemeinsam mit ihrem Mann übernimmt sie seit Jahren die medizinische Versorgung in St. Gabriel. Nun hat Fischerlehner-Freiler mit Sabine Tritthart auch den Verein "Flüchtlingshilfe Lebensraum" gegründet, der den Bewohnern St. Gabriels, bei der Wohnungs- und Arbeitssuche hilft.

Aktuell sucht sie etwa eine Unterkunft für Cecilia, Chengelo sowie seinen kleinen Bruder Martin. "Cecilia ist eine wirklich gute Freundin. Sie ist eigentlich ’schuld’, dass ich mich so engagiere", lacht Fischerlehner-Freiler. "Bewusstseinsbildung in der Gemeinde ist einfach wichtig", sagt Tritthart. Denn in Wirklichkeit wollen wir alles das Selbe wie Elisa: "Leben, arbeiten und eine Zukunft für meine Kinder."

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