"Ein Adieu wird’s nicht geben"

Madeleine Petrovic mit Helga Krismer
Wechsel an der Spitze: Helga Krismer folgt Madeleine Petrovic als grüne Frontfrau.

Bei den nö. Grünen steht das Ende einer Ära an. Am Sonntag wird die Partei eine neue Landessprecherin küren. Madeleine Petrovic setzt ihren Rückzug auf Raten fort. Im Zuge ihrer Kandidatur für das EU-Parlament trat sie Anfang 2014 als Klubchefin der Grünen im Landtag ab. Helga Krismer, die damals den Klubvorsitz übernahm, soll ihr nun als Landessprecherin nachfolgen. Der KURIER traf beide zum Gespräch.

KURIER: Frau Petrovic, Sie sitzen seit 2003 im Landtag, haben seit dem oft eine Demokratiereform gefordert. Wie lautet Ihr Resümee nach zwölf Jahren?

Petrovic: Noch haben wir nicht den großen Durchbruch, aber die Fronten bröckeln. Österreich ist zum Beispiel das einzige Land der Erde, wo die Amtsverschwiegenheit in der Verfassung steht. Man sieht aber, es geht so nicht mehr. Die Bürger sind mündiger geworden und trauen sich mehr. Sofort wenn ein Projekt kommt, ist eine Bürgerinitiative da. Trotzdem machen wir nach wie vor viele unnötige Leerkilometer, weil regierende Politiker meist nicht alles sagen. Zum Teil müssen wir nach Brüssel petzen gehen, statt dass wir einfach ein Mediationsverfahren in Österreich zu Stande bringen.

Sie, Frau Krismer, haben die Gepflogenheiten im Landtag bereits des öfteren kritisiert. Hakt es auch aktuell irgendwo?

Krismer: Aktuell spießt es sich bei unserem Antrag zu unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen. Eine bundesweite Erhöhung der Tagsätze für deren Betreuung wird von der Steiermark, Ober- und Niederösterreich blockiert. Wir wollen diese Erhöhung der Mittel in Niederösterreich durchsetzen. Der Antrag sollte bereits im Landtag sein, ist aber jetzt erst im Ausschuss. Die ÖVP möchte darüber mit uns offenbar nicht diskutieren.

Petrovic: Zur Geschäftsordnung des Landtags ist zu sagen: Wenn es nach dem Stronach-Kabarett immer noch keine Bereitschaft gibt, diesen Wahnsinn zu ändern, frage ich mich, bitte was muss denn noch passieren?

Frau Petrovic, zu Ihrem Rückzug: Kommt er für Sie zur "richtigen Zeit" oder ist die Entwicklung Ihrer Kandidatur bei der EU-Wahl geschuldet?

Petrovic: Ich war von 1990 bis 2003 im Parlament und dann im Landtag. Jemand hat einmal gesagt, man sollte alle zehn Jahre etwas ganz anderes machen. Bei mir scheint es ein bissl mehr zu sein (lacht). Ich habe die Funktion sehr gern ausgefüllt, aber jetzt auch die Lust, noch was anderes zu machen. Was genau, ist noch nicht klar. Aber das Kämpfen für bestimmte Projekte liegt mir. Viele Initiativen brauchen gelegentlich eine Lokomotive.

Ihre Kandidatur hat innerparteilich Aufregung verursacht. Würden Sie es wieder so machen?

Petrovic: Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber das ist Schnee von gestern. Die Kandidatur war für mich einfach wichtig. Ich glaube aber, dass unser Team in Brüssel sich gut schlägt.

Krismer: Da will ich schon was dazu sagen, die Madeleine tut sich schwer, über sich selber zu reden und wie wichtig sie für uns ist. Sie hat am Programm der Grünen in Europa mitgeschrieben, sie ist im Tierschutz international vernetzt und im Bereich Ökologie für uns in Niederösterreich eine ganz wichtige Kraft. Ich werde im Vorstand darüber reden, wie man mit so wichtigen Personen wie einer Madeleine Petrovic umgeht. Wenn die Legislaturperiode aus ist, einfach zu sagen: "Adieu, das war’s" – das wird es sicher nicht geben. Dafür werde ich mich einsetzen. Es muss für sie weiterhin eine Rolle bei uns geben.

Wie geht es bei den Grünen weiter? Welche Ziele haben Sie?

Krismer: Das Ziel muss sein, noch mehr Menschen zu überzeugen und weiter dazu zu gewinnen. In Niederösterreich wird aber vieles ganz wesentlich davon abhängen, wer für die ÖVP als Nummer eins ins Rennen geht.

Ein gutes Stichwort. Wer wird denn Ihrer Meinung nach 2016 Nummer eins in Österreich?

Petrovic: Natürlich wünschen wir uns Alexander Van der Bellen, wenn er sich für eine Kandidatur entscheidet. Wir hätten mit ihm erstmals eine echte Chance, dass ein Grüner das schafft. Wir hätten einen spannenden Präsidentschaftswahlkampf. Van der Bellen kämpft mit feiner Klinge, aber er kämpft. Erwin Pröll ist auch ein guter Wahlkämpfer. Natürlich rennen wir alle für Van der Bellen.

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