Nachmittags geschlossen

Kinder wollen auch nachmittags gut versorgt sein: In vielen Gemeinden des Landes gibt es leider noch immer kein entsprechendes Angebot
Fehlende Angebote in Gemeinden schmälern die Jobchancen von Frauen.

Die Zeiten haben sich geändert: Die klassische Aufteilung – der Mann geht arbeiten und die Frau bleibt bei den Kindern zuhause – gibt es nicht mehr. Doch die Berufstätigkeit beider Elternteile bringt am Land enorme Herausforderungen mit sich. Für viele stellt sich die Frage: Wohin mit dem Kind, wenn Kindergarten oder Volksschule mittags schließen? Denn von den 182 Volksschulen, die es im Burgenland gibt, bieten gerade einmal 90 Nachmittagsbetreuung an. Dazu kommen 35 alterserweiterte Kindergartengruppen und 22 öffentliche Horte.

Die Frauenberatungsstelle "Lichtblick" in Neusiedl am See hat laufend mit Klientinnen zu tun, die wegen fehlender Angebote Hilfe suchen. "Frauen wird es sehr schwer gemacht arbeiten zu gehen. Vor allem im Verkauf mit sehr langen Arbeitszeiten ist es fast unmöglich, Familie und Beruf zu vereinbaren. Selbst wenn einen Mutter nur Teilzeit arbeitet, endet die Frühschicht im Verkauf meist erst um 14 oder 15 Uhr", weiß Diplomsozialarbeiterin Dorien Popovich.

Für Frauen, deren Kind einen Kindergarten oder eine Schule besucht, die keine Nachmittagsbetreuung bietet, ein Riesenproblem. "Wer da kein soziales Netz hat, auf das er zugreifen kann, ist verloren. Zugezogene, die keine Familie oder Freunde in der Nähe haben, trifft es besonders", sagt Popovich.

Kinder müssen pendeln

Auch Margarethe Baravalle aus Kroatisch Geresdorf, Bezirk Oberpullendorf, kennt das Problem. "Seit September 2013 gibt es bei uns keinen Kindergarten mehr. Als ich einen mit Nachmittagsbetreuung gesucht habe, gab’s von der Gemeinde keinerlei Unterstützung. Es war ihnen egal", erzählt die dreifache Mutter, die jeden Tag rund eine Stunde zum Arbeiten nach Eisenstadt pendelt. In der Nachbargemeinde ist sie schließlich fündig geworden. "Die Nachmittagsbetreuung geht bis 17 Uhr. Ich komme um 16.30 Uhr heim, das geht sich gerade noch aus. Es ist alles genau geplant, Überstunden oder einen Stau darf es nicht geben."

Baravalle kritisiert, dass fehlende Angebote zwangsläufig dazu führen würden, dass Ortsteile aussterben. "Ich kenne Familien, die hierher ziehen würden, aber wenn von Seiten der Gemeinden nichts getan wird, werden sich auch keine jungen Familien ansiedeln."

Falle Altersarmut

Sowohl für Diplomsozialarbeiterin Dorien Popovich als auch Mutter Margarethe Baravalle steht fest: Land und Gemeinden müssen endlich handeln. "Die Nachmittagsbetreuung gehört massiv ausgebaut. Nur so haben Frauen Chancen auf dem Arbeitsmarkt und landen am Ende nicht in der Altersarmut", sagt Popovich.

Eine Ortschaft, die sich in Bezug auf Kinderbetreuung in den letzten Jahren zu einer Vorzeigegemeinde entwickelt hat, ist Großwarasdorf. Dabei fehlten noch vor wenigen Jahren auch hier die entsprechenden Angebote. Doch Bürgermeister Rudolf Berlakovich erkannte, dass in Sachen Kinderbetreuung etwas für die Familien getan werden muss. Für ihn, wie er sagt, ein wichtiger Schritt, den er gleich nach Beginn seiner Amtsperiode umsetzen wollte. „Ich war Lehrer und habe gesehen, dass es notwendig und ohne viel Aufwand durchzuführen ist.“
Seit drei Jahren werden Volksschüler und Schüler der zweisprachigen Neuen Mittelschule nun auch am Nachmittag betreut. Und der Kindergarten hat fünf Tage die Woche von 7 bis 17 Uhr geöffnet und lediglich fünf Wochen im Jahr geschlossen.
Der Ortschef will dadurch auch der Abwanderung entgegensteuern. „Natürlich erhoffen wir uns, dass junge Familien zuziehen. Dafür muss man eben auch etwas tun.“
Die zweifache Mutter Mirjam Schmidt-Karall weiß das Angebot zu schätzen, denn es war nicht immer so. „Mein Sohn Felix musste früher in die Volksschule nach Oberpullendorf wechseln, weil es hier noch keine Nachmittagsbetreuung gab.“ Damit ist nun Schluss. „Nun muss kein Kind mehr auspendeln und den Eltern wird Rückhalt geboten.“ Der Bedarf ist jedenfalls da. So würden auch Auswärtige ihre Kinder nach Großwarasdorf in den Kindergarten bringen. „Weil die Öffnungszeiten angepasst wurden und auch in den Semesterferien und den Großteil der Sommerferien nicht geschlossen ist“, meint Schmidt-Karall.

Kommentare