Abgasplakette beschert Neusiedl Lkw-Chaos
Stoßstange an Stoßstange stehen die Sattelschlepper am Ortsanfang von Neusiedl am See. Das Gebiet rund um die Rot-Kreuz-Gasse gleicht einem Lkw-Rastplatz. Umliegende Gassen werden zum Parkplatz für die zig Laster: Das Ziel der Lkw-Lenker ist der ÖAMTC-Stützpunkt. Hier besorgen sie sich die seit 1.1.2015 verpflichtende Abgasplakette.
Wien und Niederösterreich haben bereits im letzten Jahr das Lkw-Fahrverbot verschärft. Mit Beginn diesen Jahres müssen nun alle Lkw mit einer Abgasplakette gekennzeichnet sein. (Erklärung siehe Infokasten).
"Seit 1. Jänner herrscht Chaos vor meiner Haustür – Tag und Nacht. Wien und Niederösterreich schützen sich vor Abgasen und nur weil die Plakette nicht direkt an der Autobahn erhältlich ist, bekommen wir jetzt alles ab", sagt Ernestine Haller-Kiss, die in der Rot-Kreuz-Gasse wohnt. "Heute waren vor unserem Haus beide Fahrspuren durch Lkw verstellt, sodass ich nicht einmal aus meiner Garage fahren konnte." Außerdem bestehe in Neusiedl Lkw-Fahrverbot, ausgenommen Ziel- und Quellverkehr. "Ziel ist der ÖAMTC. Damit kann das Verbot leicht umgangen werden", ärgert sich Haller-Kiss.
Besonders kurios findet sie den Umstand, dass es jeweils einen ÖAMTC-Standort an den Grenzen in Kittsee und Nickelsdorf gibt, diese die Abgasplaketten jedoch nicht ausgeben dürfen. Weil sie keine zugelassene Pickerlprüfstelle sind. Für die Ausgabe der Plakette wäre dies aber gar nicht notwendig, weil die Fahrzeuge nicht überprüft werden.
98 Lkw pro Tag
Laut Auskunft des ÖAMTC wurden im Burgenland von 1. bis 14. Jänner insgesamt 2444 Abgasplaketten verkauft. Allein in Neusiedl waren es 981 – macht pro Werktag 98. Zum Vergleich: von Februar bis Dezember 2014 waren es in Neusiedl insgesamt nur 405.
Der Andrang sei so groß, dass die Plaketten ständig nachbestellt werden müssen, heißt es vom ÖAMTC. Wann es zu einer Verbesserung der Situation kommt, sei nicht abschätzbar. "Es ist damit zu rechnen, dass es auf dem Level weitergeht", meint Alexander Nödl vom ÖAMTC. Eine rasche Erleichterung würde seiner Meinung nach nur eine direkte Ausgabe an den Grenzstellen bringen. "Da ist das Umweltministerium gefordert", sagt Nödl. Auf Nachfrage beim Umweltministerium wird mitgeteilt, dass das Problem neu sei und eine Änderung derzeit geprüft werde.
Polizeikontrollen
Bis dahin haben die Beamten der Polizeiinspektion Neusiedl alle Hände voll tun. Auf Anordnung von Bezirkshauptmann Martin Huber gibt es verstärkte Polizeikontrollen. "Natürlich sind wir gefordert. Es sollte rasch eine Lösung gefunden werden", meint Bezirkspolizeikommandant Rainer Bierbaumer.
An der ist auch Bürgermeister Kurt Lentsch interessiert: "Im Bezirk gibt es 27 Unternehmen, die die Plakette anbieten. Leider kann ich die Frächter nicht beeinflussen wohin sie fahren. Eine Ausgabe an der Grenze findet meine volle Unterstützung und wäre die beste Lösung."
Hintergrund
Am 1. Juli 2014 wurde in Wien und im Osten NÖs das Lkw-Fahrverbot verschärft. Alle Lkw mit Abgasklasse EURO 1 (alle vor 1.10.1996 zugelassen) oder schlechter dürfen seither nicht mehr in diesen Gebieten fahren. Alle anderen, die ab dem 1.1.2015 in diesen Gebieten unterwegs sind, müssen mit einer Abgasklassenplakette gekennzeichnet sein.
Feinstaub
Dem zu Grunde liegt das Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L). Es sieht vor, dass bei Überschreitung der Anzahl der Tage mit erhöhter Feinstaubbelastung die Landeshauptleute Maßnahmen zur Verbesserung der Luftqualität setzen müssen. Ab 1. Jänner 2016 werden auch Fahrten der Abgasklasse EURO 2 verboten.
Strafen
Erhältlich ist die Plakette bei Werkstätten, Kfz-Prüfstellen und vielen ÖAMTC-Stützpunkten. Der Preis beträgt beim ÖAMTC 30 Euro, ist aber je nach Werkstätte unterschiedlich. Wird man ohne oder mit falscher Plakette erwischt oder verstößt man gegen das Fahrverbot, drohen Strafen bis zu 2180 Euro.
Kommentare