"Alles, nur nicht brav": Wiener entdecken kreative Biere abseits des Mainstreams

"Alles, nur nicht brav": Wiener entdecken kreative Biere abseits des Mainstreams
71 Brauereien stellen dieses Wochenende ihre Produkte vor. Der KURIER hat eine Brauerei besucht.

Zuerst schaumig-cremig, dann dunkel und klar fließt das "Double Stout" ins Bierglas. Malte Feldmann nimmt den ersten Schluck und nickt zufrieden. "Das ist mein Weihnachtsbock", sagt der 28-Jährige. Seine 169. Biermischung.

Seit drei Jahren braut der gebürtige Ostwestfale im Lichtenthaler Bräu (9. Bezirk) seine eigenen Bierkreationen. "Charakterstarke Biere – alles, nur nicht brav", bezeichnet Malte Feldmann seine Mischungen. Kreative Mischungen, in kleinen Mengen traditionell gebraut. "Craft Beer" heißt die offizielle Bezeichnung für jenes alkoholhaltige Malzgetränk, das seit kurzem auch in Österreich bei (Hobby-)Brauern wie Konsumenten beliebt ist und dem Industrie-Bier den Kampf ansagt. Ein Umstand, der dieses Wochenende beim "2. Craft-Beer-Fest" gewürdigt wird. 71 Bierproduzenten aus elf Ländern laden zum Verkosten ein. In Wien gibt es derzeit elf Brauereien. Die Zahl jener, die im Kochtopf für den Eigengebrauch experimentieren, dürften deutlich höher sein.

Glühweintopf

Auch für den studierten Getränketechnologen Malte Feldmann begann es mit einem 20-Liter-Glühweintopf am eigenen Herd. "Gekocht habe ich schon immer gerne", sagt der Braumeister, der sich selbst auch als Koch bezeichnet – eben einer, der für Getränke zuständig ist. Als solcher versorgt er die Gäste des Lichtenthaler Bräu mit vier wechselnden Kreationen. Zwei Mal 50 Kilogramm Malz verarbeitet er dafür pro Woche. Vom klassischen Hellen bis zum "Braumeister Spezial".

Aber nicht nur Mikrobrauereien, auch große Produzenten springen auf den kreativen Zug auf. Unter anderem erzeugt die Salzburger Stiegl-Brauerei Craft Beer. Im Brauwerk der Ottakringer Brauerei werden drei Hausmarken sowie zwei saisonale Sorten – derzeit Barley-Wine und Gose – angeboten. Und für das "Craft-Bier-Fest" gibt es eine ganz neue Mischung.

Die ständig neuen Zusammensetzungen sind jedenfalls, was Feldmann an seinem Produkt so reizt. Um seinen Kunden etwas Neues zu bieten, geht er schon mal stundenlang auf der Donauinsel Wildhopfen pflücken. Sein Ziel für Wien: Die Begeisterung für das kreative Bier soll nur nicht nur ein Trend werden.

Bier ist nicht gleich Bier – besonders deutlich wird das beim Besuch in Wiens erster Craft-Beer-Bar. Das Dogstar in der Kirchengasse 3 (7. Bezirk), hat gleich 50 verschiedene Sorten des beliebten Gerstensafts und allesamt stammen aus kleinen Craft Beer-Brauereien. "Ich habe dieses Konzept vor zwei Jahren in Kalifornien kennengelernt. Dort gibt es schon eine richtige Craft-Beer-Kultur, die ich gerne nach Wien bringen wollte", sagt Inhaber Mario Hanifl.

Dass die Österreicher Biertrinker sind, ist hinlänglich bekannt, die Experimentierfreudigkeit der Gäste ist für den Gastronomen aber überraschend. Besonders beliebt ist in den ersten Wochen nach der Eröffnung des Lokals, ein Bier das leicht nach Schokolade schmeckt: "Das Rouge Chocolate Stout ist wie ein Dessert und viele trinken das gerne als Abschluss des Abends", erzählt Hanifl.

Sich durch 50 Biere zu gustieren würde natürlich lange dauern. Um die Entscheidung, was denn das Lieblingsbier wird zu erleichtern, gibt es im Dogstar deshalb künftig Bierverkostungen, die die Wiener auf den Craft-Beer-Geschmack bringen.

www.craftbeer-bar.at

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