Renaturierung: Wovon Fische und Fischer am meisten profitieren

Ein Mann angelt an einem sonnigen Tag an einem See.
Von Besatz mit Jungtieren über Totholz bis Flachwasserzonen: Maßnahmen für höhere Fischbestände wurden jahrelang untersucht.

Seen zu renaturieren und damit Lebensräume zu schaffen führt zu höheren Fischbeständen als die verbreitete Praxis, Gewässer einfach mit Fischen zu besetzen. Das berichten der österreichische Ökologe Johannes Radinger und Kollegen im Fachblatt "Science". Für die Studie haben die Forscher in Kooperation mit Angelvereinen zwanzig Baggerseen in Deutschland etwa durch die Schaffung von Flachwasserzonen ökologisch aufgewertet und die Auswirkungen mit klassischem Fischbesatz verglichen.

Zwanzig Baggerseen renaturiert

Bisher fehlten überzeugende Belege dafür, dass ein umfassender Gewässerschutz effektiver ist als die Alternative, einzelne Arten zu fördern und den Fischbestand durch das Aussetzen von Tieren aufzustocken, was lange Zeit die Praxis des Fischereimanagements dominiert hat, betont das Forscherteam um Johannes Radinger vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB). Die Wiederherstellung ökologischer Rahmenbedingungen, die ganzen Lebensgemeinschaften zugutekommen, scheitert oft auch an den damit verbundenen Kosten und Aufwand.

Unterschiedliche Maßnahmen erprobt

Das Team vom IGB und der Humboldt-Universität zu Berlin hat gemeinsam mit Angelvereinen über einen Zeitraum von sechs Jahren in zwanzig Baggerseen, etwa Schotterteiche, mit einer Durchschnittsgröße von sieben Hektar in Niedersachsen verschiedene Maßnahmen gesetzt und deren Folgen verglichen. In einigen Seen wurden zusätzliche Flachwasserzonen geschaffen, in anderen sollten Totholzbündel die Strukturvielfalt erhöhen. Weitere Gewässer wurden mit fünf fischereilich begehrten Fischarten besetzt. Zudem dienten unveränderte Seen als Vergleich. Insgesamt wurde im gesamten Untersuchungszeitraum eine Stichprobe von knapp 160.000 Fischen genommen.

Flachwasserzonen am erfolgreichsten

In den Ganzsee-Experimenten zeigte sich, dass nur die Schaffung von Flachwasserzonen die Fischbestände nachhaltig steigerte. Der Gesamtfischbestand verdreifachte sich nahezu nach der Schaffung flacher Uferzonen im Vergleich zu den Kontrollseen. Solche Uferzonen sind für viele Fischarten ökologisch unverzichtbar, vor allem als Laichplatz und als Refugien für Jungfische. Das Einbringen von Totholzbündeln entlang von rund einem Fünftel der Uferzone hatte nur in einzelnen Gewässern positive Effekte, der Besatz mit fünf Fried- und Raubfischarten (rund 100 Kilo pro Hektar) verfehlte das Ziel einer nachhaltigen Steigerung der Fischbestände gänzlich.

Besatz nicht effizient

"Auch wenn ökosystemorientierte Maßnahmen oft aufwendig sind - offensichtlich kann die Wiederherstellung zentraler ökologischer Prozesse und Lebensräume Fischbestände nachhaltiger schützen und fördern als eng auf einzelne Arten ausgerichtete Maßnahmen wie Fischbesatz", erklärte Radinger. Durch die Kooperation mit den Angelvereinen sei es zu einem Umdenken in Bezug auf den Fischbesatz gekommen und die Akzeptanz nachhaltigerer, lebensraumbezogener Managementalternativen gestiegen.

Alle profitieren von Renaturierung

Die Wissenschaftler ziehen zwei zentrale Schlüsse aus der Studie, die nicht nur für Baggerseen gelten: Einerseits wirke sich die Wiederherstellung ökologischer Prozesse nachhaltiger auf Lebensgemeinschaften und Arten aus als der enge Fokus auf den Schutz einzelner Arten. Andererseits funktioniere Gewässerschutz besonders gut, wenn Nutzungsgruppen wie Angelvereine in Eigenverantwortung aktiv werden und in ihren Bemühungen von Behörden, Verbänden und Wissenschaft unterstützt werden. So lasse sich Naturschutz und Naturnutzung in Einklang bringen.

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