Rätselhafte Sichtung: Was macht ein Grauwal vor Italien?

An sich leben Grauwale in pazifischen Gewässern.
Nach dem Auftauchen des Jungtiers im Mittelmeer grübeln Forscher, ob die Riesensäuger wieder in frühere Lebensregionen zurückkehren.

Ostpazifik oder Westpazifik - aber doch nicht im Mittelmeer: Die überraschende Sichtung eines jungen Grauwals an der Küste Italiens sorgt für Aufregung und Spekulationen über dessen Herkunft. Denn die Riesentiere leben eigentlich in anderen Regionen der Erde. Zuletzt wurde das offensichtlich neugierige Jungtier an der Mittelmeerküste in der Nähe von Fiumicino bei Rom gesehen, wie die Küstenwache berichtet.

Der etwa einjährige Grauwal sei in den Vortagen schon am Golf von Neapel bei Sorrent und nahe der Insel Ponza herumgeschwommen. Auch vor der US-Marinebasis von Gaeta sei er gesichtet worden. Die Küstenwache forderte die Italiener auf, den Wal, der 15 Meter lang werden kann, in Ruhe zu lassen. Ähnliche Aufrufe gab es von Tierschützern. Denn das Tier, das unter Fans "Wally" genannt wird - zeigte wenig Angst, was Wal-Watcher anlockt.

Letzte Sichtung 2010

Das Tier habe sich bereits einmal in einem Netz verfangen, sei aber befreit worden. Tierschützer hätten sich ihm genähert, jemand habe sogar versucht, den Wal zu streicheln. Das Auftauchen eines Grauwals im Mittelmeer sei extrem selten. Vor Israel sei 2010 einer gesehen worden, hieß es.

Neue Wege wegen Klimawandels

Mehrere Experten vermuten, dass sich für Grauwale durch das Abschmelzen der Polkappen in der Arktis neue Wege in den Atlantik auftun. Eigentlich galten die Meeressäuger in diesem Ozean als ausgestorben. „Grauwale sind Küstenwale und dringen manchmal in große Lagunen ein“, schrieben Walschützer der Organisation Marevivo. So könnten sie auch den Weg in Mittelmeer erkunden. „Er ist wahrscheinlich unterernährt, weil unser Ökosystem nicht genügend Ressourcen bietet. Aber er ist stark genug, um sich auf der Suche nach Nahrung zu bewegen“, schrieb der Verband.

Genügend Futter in der Lagune

Die italienische Tageszeitung „La Repubblica“ zitierte den mexikanischen Wal-Experten Jorge Urban mit Sorgen: „Wird er überleben? Es hängt alles vom Essen ab.“ Die Reise für Grauwale sei lang: „Nordamerika, Island, Spanien und schließlich das Mittelmeer, eine großartige Lagune für sie“, so Urban.

Eventuell im Atlantik geboren

Andere Experten gaben zu bedenken, dass das Tier wegen seines jungen Alters vielleicht sogar schon im Atlantik geboren worden sei. Damit ergäben sich neue Forschungsfragen zur Rückkehr der Tiere in frühere Lebensregionen.

Der wissenschaftliche Name des Grauwals lautet Eschrichtius robustus. Die Pockenüberzogenen Giganten leben bevorzugt in Küstennähe, oft in einer Entfernung von nur wenigen Kilometern. Nach Angaben des WWF gibt es noch vom Ostpazifischen Grauwal noch 21.000 Tiere, beim Westpazifischen Grauwal sind es etwa 100 Individuen. Die Arten gelten als „gefährdet“ bzw. „vom Aussterben bedroht“.

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