Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule: Totgesagte leben länger

Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule: Totgesagte leben länger
In einem Eichenwald in Unterfranken wurde ein Nachtfalter entdeckt, der als ausgestorben galt.

Da staunte Schmetterlingsexperte Hermann Hacker von der Ökologischen Station der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) nicht schlecht: Unter den Insekten, die Doktorandin Sophia Hochrein nachts in Eichenwäldern rund um Kitzingen im nordbayerischen Unterfranken eingefangen hatte, war eine Kostbarkeit: ein Nachtfalter, der in Mitteleuropa seit Jahrzehnten als ausgestorben gilt und der auch woanders auf der Welt kaum verbreitet ist. Der deutsche Name des Falters ist selbst unter Fachleuten so gut wie unbekannt: Er lautet Helle Pfeifengras-Grasbüscheleule (Pabulatrix pabulatricula).

Pfeifengrasfresser

Diese Art gehört zu den großen Raritäten der einheimischen Nachtfalterfauna, erklärt Hermann Hacker. Sie lebt in lichten, alten Eichenwäldern mit größeren Beständen an Immergrün, ihre Raupen fressen ausschließlich Pfeifengras. Daher hat der Falter auch seinen Namen.

Pabulatrix gehört dem JMU-Zoologen zufolge zu einer ganzen Anzahl bemerkenswerter Arten, die schon vor 100 bis 150 Jahren aus den mitteleuropäischen Wäldern verschwanden, obwohl ihre natürlichen Lebensräume nach wie vor – scheinbar unverändert – vorhanden sind. Gerade für die Erhaltung und Förderung von Arten, die sehr empfindlich auf Lebensraumveränderungen reagieren, sei eine umsichtige Waldpflege und Waldbewirtschaftung wichtig.

Der erste überraschende Fund eines Pabulatrix-Exemplars datiert in den Juli 2019. Zwischenzeitlich aber haben die Fachleute der JMU bei gezielten Suchaktionen im Sommer 2020 gleich mehrere Exemplare des seltenen Falters nachgewiesen.

Wiedersehen bei Wiesentheid

Wie und warum sich P. pabulatricula ausgerechnet in einem Waldstück bei Wiesentheid halten konnte, muss noch erforscht werden. Bekannt ist aber, dass Arten über Jahrzehnte unter der Nachweisschwelle überleben können und dann unerwartet wiederauftauchen. Das sei, so Hacker, eine absolute Ausnahme, denn jede Art brauche eine Fläche mit einer bestimmten Mindestgröße, die wiederum eine Mindestgröße der Population garantieren kann. Wird diese Mindestfläche unterschritten, können die Arten durch ungünstige Ereignisse wie Trockenheit oder hohe Temperaturen schnell verschwinden.

 

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