Forschungsdurchbruch: Wie uns ein Gen vor der Vogelgrippe schützt

Ein weißer Hahn steht inmitten einer Gruppe brauner Hühner.
Neueste Forschungen könnte dabei helfen, dem Übergreifen sämtlicher Vogelgrippeviren auf den Menschen effektiv vorzubeugen.

Die Forschenden des schottischen MRC-University of Glasgow Centre for Virus Research haben langen Atem bewiesen. Ihr Durchhaltevermögen ist von Erfolg gekrönt, wie nun bekannt wurde.

Sechs Jahre lang forschte das Team um den Virologen Massimo Palmarini und die Virologin Rute Maria Pinto an jenem Gen, das den Menschen vor den meisten Vogelgrippeviren schützen soll. BTN3A3 – so der Name des Gens – stellt demnach eine wirkungsvolle körpereigene Barriere dar, die den Übertritt der Viren von Vögeln auf Menschen verhindert.

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Das Gen, das die Funktionsweise der Lunge und der oberen Atemwege mitgestaltet, war bereits seit Längerem bekannt. Dem Team um Palmarini und Pinto ist es aber erstmals gelungen, dessen antivirales Potenzial aufzudecken.

Wenn Viren von Tieren auf Menschen übergehen

Es kommt nicht allzu oft vor, dennoch können manche Vogelgrippevirusstämme auf den Menschen überspringen. Wenn Infektionskrankheiten wechselseitig zwischen Tieren und Menschen übertragen werden können, spricht man von Zoonosen. Die Vogelgrippe wurde 1878 erstmals in Italien beobachtet. Die Erreger kommen weltweit vor. Hochinfektiöse Vogelinfluenza A-Viren der Subtypen H5 und H7 können bei Hausgeflügel, z. B. Hühnern und Puten, zu hohen Verlusten im Bestand führen. Und sie können auch Erkrankungen bei Menschen hervorrufen.

Seit 2003 wurden laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit 873 menschliche Infektionen mit dem Subtyp Influenza-A-Virus H5N1 gemeldet. 458 Menschen starben daran. Seit dem Ausbruch des Vogelgrippevirus H7N9, das 2013 erstmals Menschen in China infizierte, gab es fast 1.570 Ansteckungs- und mindestens 616 Todesfälle.

Doch warum genau gelingt es diesen Unterarten, die Gen-Barriere zu überwinden?

Manche Viren können Gen-Blockade umgehen

Palmarini und Pinto konnten nachweisen, dass einige Vogelgrippeviren eine genetische Mutation aufweisen, die es ihnen ermöglicht, die blockierende Wirkung des BTN3A3-Gens zu umgehen. Der Mensch wird in der Folge infiziert. Selbiges gelte auch für einige Schweinegrippeviren.

Um zu der Erkenntnis zu gelangen, analysierten die Forschenden sämtliche menschlichen Grippepandemien. Ihr Resümee: Alle Grippepandemien, einschließlich der Spanischen Grippe von 1918 und der Schweinegrippe-Pandemie von 2009, sind auf BTN3A3-resistente Stämme zurückzuführen.

Die Ergebnisse könnten dabei helfen, für den Menschen potenziell gefährliche Stämme aufzuspüren und etwa Wildvögel, Geflügel und andere Tiere, die für Grippeviren anfällig sind, früh auf BTN3A3-resistente Viren zu testen.

Studie soll Übertritte frühzeitig verhindern

"Die antiviralen Funktionen des Gens traten bereits vor 40 Millionen Jahren bei Primaten auf", wird Palmarini im Guardian zitiert. Barrieren, die die Vogelgrippe beim Menschen blockieren, zu verstehen, ermögliche "gezieltere Lösungen und bessere Kontrollmaßnahmen". Identifiziert man ein genresistentes Virus, "können wir die Präventivmaßnahmen früher auf diese Viren ausrichten, um ein Übergreifen zu verhindern".

"Wir sind alle ziemlich stolz auf dieses Ergebnis", gibt sich Pinto von den neuen Einsichten begeistert. Das Gen sei zwar bereits früher identifiziert worden, man hatte ihm allerdings andere Funktionen zugeschrieben: "Aber wir haben herausgefunden, dass das Gen antiviral gegen die Vogelgrippe wirkt."

Die Forschungen können laut Pinto unmittelbar in der Praxis Anwendung finden. "Wenn wir jetzt Fälle von Vogelgrippe finden, können wir kranke Vögel, Kadaver oder Fäkalien abtupfen und herausfinden, ob das Virus das BTN3A3-Gen überwinden kann, indem wir einfach seine Sequenz betrachten und feststellen, ob dieses Virus eher oder weniger wahrscheinlich auf den Menschen überspringt. Wenn das Virus BTN3A3 tatsächlich überwinden kann, sollten strengere Maßnahmen ergriffen werden, um ein Übergreifen zu verhindern."

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