Fischbestände in der Ostsee: Kein Nachwuchs bei Dorsch und Hering

Überfischung bedroht die Bestände.
Wissenschafter und Fischer schlagen Fangverbot vor, damit angepasste Jungfische überleben.

Nach Jahrzehnten der Überfischung sind die Bestände von Dorsch und Hering in der westlichen Ostsee so klein, dass sie während der Laichzeit nicht mehr ihr ganzes Laichgebiet mit Eiern versorgen können.

Immer weniger Heringe

Beim Hering liegt der Nachwuchs seit 2005 weit unter dem Mittel der vorherigen Jahre und nimmt kontinuierlich ab. Seit 2018 empfiehlt deshalb der Internationale Rat für Meeresforschung (ICES) eine Einstellung der Heringsfischerei, dieser Rat wurde aber bisher nicht befolgt.

Nachwuchsprobleme beim Dorsch

Beim Dorsch ist in vier der vergangenen fünf Jahre der Nachwuchs ganz oder fast ganz ausgeblieben. Der Bestand besteht daher fast nur noch aus jetzt vierjährigen Dorschen, die sich noch nicht erfolgreich fortgepflanzt haben und die Hauptlast der Dorschfischerei tragen. „Wenn wir diesen Jahrgang ohne Ersatz verlieren, dann haben wir den Bestand verloren“ sagt Rainer Froese, Meeresökologe und Experte für Fischereiwissenschaft am Geomar Helmholtz Zentrum für Ozeanforschung in Kiel.

Gefahr von Rippenquallen im warmen Wasser

Wie mehrere Berufsfischer und die Wissenschafter herausfanden, sind die zu kleinen Bestände zudem extrem schlecht auf den Klimawandel vorbereitet. Das zeigte sich in diesem Frühjahr, wo der ungewöhnlich warme Winter die meisten Fische dazu veranlasst hat, zu früh abzulaichen, bevor genügend Nahrung für die Larven vorhanden war. Aufgrund der zu kleinen Bestandsgrößen haben nur sehr wenige Fische zur richtigen Zeit am richtigen Ort abgelaicht.

Nahrungskonkurrenten gewinnen

Die Larven dieser Fische hatten mit dem zusätzlichen Problem zu kämpfen, dass sich eingeschleppte Rippenquallen im warmen Wasser massiv vermehrt haben und mit den Fischlarven um das Plankton als Futter konkurrieren. „Wir hatten noch in keinem Jahr so viele Rippenquallen in unseren Proben wie jetzt“ sagt Meeresbiologin und Expertin für Heringslarven, Catriona Clemmesen vom Geomar. „Alle Anzeichen deuten daher darauf hin, dass es in diesem Jahr bei Dorsch und Hering keinen Nachwuchs geben wird.“

Genetische Anpassung

Aus Sicht der Fischer und der Wissenschaftler muss dringend gehandelt werden, um eine Katastrophe abzuwenden. Sie schlagen eine völlige Einstellung jeglicher Fischerei auf Dorsch und Hering vor, bis mehrfache erfolgreiche Fortpflanzung die Bestände dauerhaft abgesichert hat. „Es kann nicht angehen, dass wir jetzt die letzten Dorsche und Heringe wegfangen,“ sagt Thorsten Reusch, Professor am Geomar und Experte für evolutionäre Genetik. „Die wenigen Jungfische, die trotz der widrigen Bedingungen überlebt haben, besitzen offenbar solche Erbanlagen, die wir für die Zukunft der Bestände brauchen. Sie stammen von Eltern, die erst bei höheren Temperaturen zum Laichen kommen und deren Gene müssen unbedingt an die nächsten Generationen weitergegeben werden“, fügt er hinzu.

Schutz der Arten

Die Fischer und Wissenschaftler forderten Schutzmaßnahmen.

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