
© Kurier/Gilbert Novy
Deutsch-Matura: Literatur spielt nur eine Nebenrolle
90 Prozent der Maturanten entschieden sich für die "leichteste" Aufgabe. IG Autoren wollen, dass Matura neu konzipiert wird.
05/28/2020, 10:00 AM
Es ist schon eine Art Ritual geworden. Seit Einführung der neuen Reifeprüfung wird Kritik an den Aufgaben im Fach Deutsch laut. Artikuliert wird sie alljährlich von der IG Autorinnen und Autoren.
Was die Autoren ärgert: "Wieder griffen die Verantwortlichen zur für sie bewährten, aber höchst problematischen Methode, eines der drei Aufgabenpakete als geebneten Weg zur Matura einzurichten."
Zur Information. Jedes Jahr werden drei Themen vorgegeben. Es müssen jeweils zwei Texte aus einem von drei Aufgabenpakete geschrieben werden. Heuer waren das:
- „Literatur/Kunst/Kultur“: Textinterpretation des Prosatexts „Basta“ des Schweizer Schriftstellers Robert Walser sowie ein Leserbrief zum Kommentar „Lesen, nur lesen!“ von Manuel J. Hartung
- „Umgang mit Zeit": Textanalyse der Kolumne „Dieser Text ist Zeitverschwendung“ von Ronja von Röhne sowie Schreiben eines Leserbriefs zum Interview „Wozu brauchen wir noch Geduld?“ von Gerhard Benetka
- „Tourismus“: Kommentar zum Bericht „Jetzt kommt die Obergrenze für Touristen“ von Ute Müller sowie Erörterung des Berichts „Moderne Baupest auf den Bergen“ von Anja Kröll
Auch heuer wurden von den Maturantinnen und Maturanten die "einfachen" Textsorten favorisiert: „Kommentar“ und „Erörterung“ sowie Allerweltsthemen im Tourismusbereich. Laut IG Autoren wählten wohl rund 9 von 10 Schülern diese Aufgabe.
Amüsantes Detail am Rande: Die Autorin der Kolumne "Dieser Text ist Zeitverschwendung" findet, dass das Lesen dieses Textes genau das sei - Zeitverschwendung. Sie habe wesentlich bessere Texte gelesen.
Was die IG Autorinnen und Autoren ärgert: "Es geht nicht an, dass man alljährlich die Wahl zwischen anspruchsvollen und schlichten Aufgabenstellungen hat. Ziel müsste es sein, drei gleichwertige, ähnlich oft gewählte Aufgabenpakete zu schnüren. Wir fordern dies seit Jahren vergeblich."
Schriftsteller brauchen Publikum
Die Interessensvertretung macht das nicht ohne Eigeninteresse: "Der Schriftstellerberuf braucht ein Publikum. Die vorsätzliche Marginalisierung von Literatur im Unterricht korrespondiert mit der Tatsache, dass kaum jemand das literaturbezogene Themenpaket wählt. Daraus den Schluss zu ziehen, junge Leute wären nicht für spannende, nachdenklich machende, alle Lebensbereiche auslotende literarische Texte zu begeistern, ist ein fataler Irrtum", meint Gerhard Ruiss,Geschäftsführer der IG Autoren.
Das Resümee: "Die vollständig zentrale schriftliche Reifeprüfung im Fach Deutsch ist in der derzeitigen Form höchst unbefriedigend und bringt negative Effekte für den gesamten Oberstufenunterricht mit sich. Literatur wird lediglich auf dem Papier eine wichtige Bedeutung zugemessen." Deshalb müsse die Deutschmatura völlig neu konzipiert werden.
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