FÄKT!: Von Ketten, Kugeln und Schlössern

Mit leisem Klirren zerbricht die Rose, als Univ.-Prof. Nuno Maulide vom Institut für Organische Chemie der Universität Wien sie gegen die Tischkante schlägt. Das Experiment ist alt. Wir alle haben im Chemieunterricht in der Schule eine Rose in flüssigen Stickstoff getaucht und dadurch ihren Aggregatzustand verändert. Für Nuno Maulide ist es aber ein anschauliches Beispiel seiner Forschung: Der Chemiker will den Charakter von Molekülen so verändern, dass letztlich besser wirksame Medikamente mit weniger Nebenwirkungen hergestellt werden können. Wie das möglich wird, erklärt er im Wissenschaftsmagazin FÄKT.
Wichtige Vermittlung
FÄKT wurde von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) in Zusammenarbeit Andreas Bergthaler, Professor für Molekulare Immunologie an der MedUni Wien, ins Leben gerufen. „In einer immer komplexeren Welt ist es wichtig zu verstehen, wie man zu Erkenntnis gelangt und warum auch die Wissenschaft nicht immer die Antwort auf eine Frage findet“, sagt Bergthaler. „Vermittlung von Wissenschaft kann die Resilienz in der Gesellschaft stärken, damit diese auch besser mit Krisen umgehen kann. Daher kann man damit nicht früh genug beginnen.“ In FÄKT werden aktuelle Forschungsthemen in Form kurzer Videos für 10- bis 14-Jährige spannend und qualitätsgesichert aufbereitet. „Die Idee war, die Jugendlichen in ihren Lebensrealitäten zu erreichen“, betont Bergthaler. „Also ihnen nicht nur von Erwachsenenseite etwas belehrend vorzukauen, sondern auf sie einzugehen, ihre Sprache zu treffen und ein Format zu entwickeln, das für sie attraktiv ist.“
Genau das will auch Nuno Maulide. „Wissenschaftskommunikation ist wichtig, um Falschmeldungen zu verhindern“, betont der Chemiker, der für sein Bemühen, sein Fach einer breiter Öffentlichkeit zu vermitteln, als „Wissenschafter des Jahres 2018“ ausgezeichnet wurde. Wie gut er das kann, zeigt sich auch in der FÄKT-Folge „Chaos im Labor! Ordnung der Moleküle“.
Schwierige Materie, spannend erklärt
In seiner Forschung geht es darum, wie man die Struktur von Molekülen in Medikamenten so verändern kann, dass sie besser an den vorgesehenen Rezeptoren andocken. „In der Natur produzierte Moleküle sind dafür gebildet, um wirkstoffartig zu funktionieren – und sie sind in der Regel weniger beweglich“, erklärt der Wissenschafter. „Unsere Hypothese ist daher, dass man Medikamente so produzieren muss, dass die enthaltenen Moleküle auch so aussehen. Das ist aber eine Kunst, weil man herausfinden muss, wie die Moleküle ihre Freiheit aufgeben.“
Maulide vergleicht diese mit Schlüsseln, die auf der Suche nach dem passenden Schloss sind. Sind die Moleküle wie eine Kette angeordnet, verändern sie ihre Form immer wieder. Sie passen somit nicht immer in die „Schlösser“, die Rezeptoren im Körper. „Können wir aus der Kette eine kreisförmige Verbindung machen, ist die Schlüsselform stabiler und passt häufiger zur richtigen Rezeptorentür“, so Maulide. „Gelingt uns das, kann man dieselbe Krankheit mit einer geringeren Dosis besser behandeln und auch die Nebenwirkungen werden geringer.“ Als ein Beispiel nennt der Forscher die Chemotherapie. „Es geht dabei um nichts anderes, als Zellen zu töten – natürlich in erster Linie Krebszellen, aber es sind auch andere Zellen betroffen. Deswegen ist eine Chemotherapie so hässlich und hat schwere Nebenwirkungen“, betont er. „Hätten wir aber die richtige Form bei den Molekülen, die nur bei Krebszellen giftig wirkt, könnten wir Chemotherapeutika in einer geringen Dosis verabreichen und die Nebenwirkungen wären gegen Null. Das wäre traumhaft.“ Darum arbeitet Nuno Maulide mit seinem Team daran, passende Molekülverbindungen herstellen zu können. „Mein absolutes Ziel ist es, das in naher Zukunft zu schaffen – damit wir alle ein besseres Leben haben.“
Für die nächste Generation
In einer Welt voller Informationsflut und verbreiteter Wissenschaftsskepsis will FÄKT das Interesse Jugendlicher an Forschung wecken. In Form kurzer, spannend gestalteter Videos wird 10- bis 14-Jährigen die faszinierende Welt der Wissenschaft nähergebracht. www.faekt.science

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