Mehr als nur Zwitschern: ÖAW erforscht Wellensittich-Sprache
Wellensittiche sind schwierige Patienten.
Wer schon einmal vor einer Voliere mit Wellensittichen gestanden ist, kennt den Geräuschteppich: Es ist ein ununterbrochenes Zwitschern, Keckern, Pfeifen und Schreien. „Das ist wie auf einer Party, jeder redet durcheinander“, sagt Doz. Marisa Hoeschele, Leiterin des Fachbereichs Biologie sowie des Instituts Musikalität und Bioakustik an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW). „Wellensittiche singen komplexe Laute, die sehr oft noch nie vorgekommen sind. Das macht die Erforschung ihrer Sprache schwierig.“
Neue Ansätze
Bisher stellten sich Wissenschafter*innen mit einem Mikrofon in die Volieren und zeichneten ihren Gesang auf. „Dabei konnten aber keine einzelnen Laute herausgezogen werden“, so die Forscherin. „Hält man den Tieren ein Mikrofon hin, singen nur die Männchen, um ihre Balz zu üben. Von Weibchen gibt es bisher kaum Aufnahmen, da sie selten einzeln singen.“
Für ihr vom WWTF gefördertes Projekt „Analysis of Nonhuman Intercommunication with Machine Learning“ setzte Hoeschele daher auf ein neues Setting. Außerhalb der Volieren sind mehrere Mikrofone sowie Kameras aufgestellt. „Mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz können wir so die Laute jedem Tier zuordnen und anschließend bewerten“, sagt Hoeschele.
Wellensittiche produzieren sehr oft, wenn sie singen, Laute, die wir vorher noch nie gehört haben.“
Bisherige Ergebnisse
Die bisherige Analyse zeigt, wie viele verschiedene Details in jedem Laut stecken. Spannend ist etwa die Erkenntnis, dass Wellensittiche so etwas ähnliches wie Konsonanten und Vokale verwenden. Und: „Wellensittiche produzieren sehr oft, wenn sie singen, Laute, die wir noch nie gehört haben“, so die Forscherin. Da in der vergleichenden Kognitionswissenschaft einzelne Tierlaute mit einem menschlichen Satz gleichgesetzt werden, könnte es sein, dass die Vögel eine Art Sprache verwenden.
Das Projekt will herausfinden, ob die Wellensittiche warten, bis ein anderer ausgesungen hat und dann antworten, aber auch, ob es eine Art Grammatik gibt. Spannend ist ein in der Tierwelt seltenes Phänomen: „Sie haben sozusagen unterschiedliche Dialekte“, sagt Marisa Hoeschele. „Die Laute der einen Gruppe in unseren Laborräumen unterscheiden sich komplett von denen der anderen Gruppe.“
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