FLIM: Nicht gesucht, aber gefunden

Salopp ausgedrückt hatte Thomas Juffmann mit der Fluoreszenzlebenszeitmikroskopie nichts am Hut, als er seinen Postdoc in Stanford machte. „Wir entwickelten für quantenoptische Experimente einen Schalter, mit dem wir die Ausbreitungsrichtung von Lichtfeldern innerhalb von wenigen Nanosekunden ändern konnten“, so der Wissenschafter. „Dann haben wir uns gefragt, ob man diese Technologie auch anderweitig einsetzen könnte und sind auf die Fluoreszenzlebenszeitmikroskopie gekommen.“ Nach der Rückkehr an die Universität Wien gründete Thomas Juffmann eine Forschungsgruppe zum Thema Quantenoptik und Mikroskopie, die sich unter anderem mit Fluoreszenzlebenszeitmikroskopie befasst. „Es war kein gesuchter Fund, sondern ist aus einem anderen Gebiet entstanden“, so Juffmann. „Das zeigt, dass man Forschung nicht immer planen kann.“
Schneller und präziser
Die Fluoreszenzlebenszeitmikroskopie (FLIM) kombiniert Lebensdauermessungen mit Bildgebung. „Dabei werden Farbstoffe in eine Probe eingebracht, die sich gezielt etwa an Mitochondrien, den Zellkern oder die Zellmembran binden“, erklärt Juffmann. „Regt man sie mit Licht an, schicken sie Licht in einer anderen Farbe aus.“ So kann die genaue Lage etwa der Mitochondrien bestimmt werden, was die Fluoreszenzmikroskopie zu einem wichtigen Analyseverfahren in der biologischen und medizinischen Forschung macht. Misst man zudem die Lebenszeit, also die Zeitspanne zwischen der Anregung und dem Aussenden von Licht, erhält man Aufschluss über die Umgebung der Farbstoffe, etwa über pH-Wert, Temperatur, oder etwaige Bindungspartner der Farbstoffe. „Bisher wurde die Lebenszeit meist Punkt für Punkt gemessen“, so der Forscher. „Will ich ein Bild mit Millionen Pixeln erstellen, dauert das sehr lange. Mit EOFLIM, basierend auf unserem elektro-optischen Schalter, können wir die Lebenszeit in jedem Pixel eines Bildes gleichzeitig ermitteln.“
Gemeinsam mit seinem Team und einer Gruppe an der Universität Bielefeld hat Thomas Juffmann nun gezeigt, dass dieses Verfahren das hochaufgelöste Abbilden von lebenden Zellen ermöglicht. „Die Zellen bewegen sich ständig. Mit den traditionellen Detektoren könnte man die Lebenszeiten nicht hochaufgelöst abbilden“, so der Wissenschafter. „Wir konnten zeigen, wie Lebenzeitmessung Aufschluss über die Umgebung lebender Zellen gibt, und auch, dass man verschiedene Farbstoffe anhand deren Lebenszeit gut unterscheiden kann, wodurch man Messungen parallelisieren kann.“
Große Bandbreite
Der Prototyp wird nun von Ivana Matoušová Víšová, die durch ein Marie Skłodowska-Curie-Fellowship zu Thomas Juffmanns Team stieß, genutzt. Ihre Forschung beschäftigt sich mit der Rolle der Bakteriophagen bei der Bekämpfung von bakteriellen Infektionen. „Dazu muss man die Interaktion zwischen Bakterien und Bakteriophagen verstehen“, sagt sie. „Mit EOFLIM kann ich in das Bakterium hineinschauen und in Realtime sehen, was mit seinem Metabolismus passiert.“ Auch Thomas Juffmann hat bereits eine Folgeforschung in Kollaboration mit Mediziner*innen eingereicht „Dass die Lebenszeiten oft vom Metabolismus der Zellen abhängt ist für etliche medizinische Anwendungen interessant, sowohl in der Diagnostik als auch in der Entwicklung von personalisierten Therapien“ sagt er. „Ich hoffe, dass wir hier einen kleinen Beitrag leisten können.“

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