Partizipative Budgets: Wie Digitaler Humanismus die Bürgerbeteiligung revolutioniert

At meeting. Aerial view of young multiethnic people talking, working with colleagues, co-workers at office, indoors. Work, finance, tech concept.
Digitaler Humanismus bringt Mensch, Maschine und verschiedene Wissenschaftsdisziplinen zusammen.

Informationstechnologien (IT) vereinfachen mit Algorithmen, KI und Co. unser Leben. Vieles geschieht zweifellos im Dienste der Gesellschaft, weil moderne IT lösungsorientiert arbeitet. Aber sie schafft auch Probleme, mitunter von krimineller Natur. Oft ist fehlendes Verantwortungsbewusstsein der Grund, bei IT-Profis genauso wie bei Usern. „Wir müssen sicherstellen, dass Technologie dem Menschen dient und nicht umgekehrt. Dass der Nutzen durch Informatik also höher ist als der Schaden. Digitaler Humanismus spielt hier als interdisziplinäre Initiative eine wichtige Rolle“, sagt Jan Maly, Assistenzprofessor am Institute for Data, Process und Knowledge Management der WU Wien.

Im Kern geht es beim Digitalen Humanismus darum, Technologie und menschliche Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Und es soll gewährleistet sein, dass digitale Entwicklungen die Menschenrechte achten. „Das Neue am Digitalen Humanismus ist zudem die positive Ausrichtung. Hier wird nicht bloß Kritik geübt. Am Internet, an Social Media oder an Informatik an sich, sondern es wird zielorientiert an Lösungen gearbeitet. Gelingen kann das aber nur, wenn Wissenschafter der Informatik mit jenen der Gesellschaftswissenschaften, etwa der Politik-, Sozial- oder Kommunikationswissenschaften, zusammenarbeiten“, sagt Maly und hat dafür gleich ein aktuelles Beispiel zur Hand. Am Schnittpunkt von Informatik, Wirtschaft und Politikwissenschaft forscht er derzeit mit Carolina Plescia von der Uni Wien an der praktischen Anwendung für „partizipative Budgetierung“.

Was Menschen wollen

Diese Form der demokratischen Beteiligung hat sich in den 1990er-Jahren in Brasilien etabliert. Damals wurden Bürger gefragt, wofür gewisse Budgets der Stadt verwendet werden sollen. Dazumal waren diese demokratischen Beteiligungsverfahren noch rein analog. Man schrieb seine Meinung auf einen Zettel und warf ihn in eine Wahlurne. Mittlerweile geht auch das digital. Vorteil: Der Aufwand für die Teilnehmer ist geringer, gleichzeitig werden mehr Menschen erreicht. „Dennoch müssen wir aus Sicht der Informatik fragen, wie wir diese partizipativen Budgets so gestalten können, dass sie die tatsächliche Meinung der Leute abbilden, also auch Minderheitenmeinungen ausreichend repräsentiert sind. Hier kommt der Digitale Humanismus ins Spiel“, so Maly.

TU | Portraits 021224

Jan Maly: „Digitaler Humanismus findet Lösungen.“

Das technische Wissen, wie solche Budgets funktionieren, ist mittlerweile zwar groß, „trotzdem wissen wir nicht, was die Leute wirklich wollen, was ihre konkreten Wünsche und Vorstellungen sind“. Informatiker alleine können das nicht eruieren, dazu brauchen sie die Hilfe anderer Forscher, in dem Fall die von Sozial- und Politikwissenschaftern. Die wiederum haben das Wissen zu präzisen Fragestellungen – aber meist nicht zur digitalen Umsetzung und Machbarkeit. „Gemeinsam aber können wir für den optimalen Prozess sorgen, indem wir Algorithmen für partizipative Budgets erarbeiten, solche die tatsächlich das widerspiegeln, was Menschen wollen“, sagt Maly und hofft, am Ende des Entwicklungsprozesses eine Methodologie etablieren zu können. „Ich erwarte, dass wir ein Proof-of-Concept, wie wir in der Informatik sagen, liefern können und diese Machbarkeitsstudie künftig die Grundlage für viele weitere Fragestellungen im Digitalen Humanismus sein wird.“ 

Frau am PC

Kommentare