„Wir entdeckten wiederkehrende Teile, deren Häufigkeit einer bestimmten Verteilung folgt“, sieht das internationale Team Parallelen in den Lautäußerungen von Megaptera und Homo sapiens: „Unsere Arbeit offenbart eine unerwartete Gemeinsamkeit in den Kommunikationssystemen von zwei evolutionär weit entfernten Arten.“
Tiersprache kann sehr komplex sein
„Die Studie ist höchst interessant, weil sie in die Komplexität der Tiersprache hineingeht“, ordnet Angela Stöger die neuen Erkenntnisse ein. Die Verhaltens- und Kognitionsbiologin am Institut für Schallforschung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gesteht – State of the Art – der menschlichen Sprache Einzigartigkeit zu, doch je besser die technischen Hilfsmittel würden, desto mehr bröckelten die Alleinstellungsmerkmale. „Nichts muss so sein, wie die menschliche Sprache, um komplex zu sein.“
Dass etwa Vögel mit Syntax zwitschern, ist schon länger bekannt. 2016 lieferten Forscher den experimentellen Beweis, dass Japanmeisen verschiedene „Wörter“ zu einem „Satz“ mit neuer Bedeutung verknüpfen können.
Demnach warnt Parus minor mit den Noten ABC Artgenossen vor einem Fressfeind. Mit einer schnellen Serie von D-Lauten rufen die Vögelchen den Partner zu sich. Wollen sie gemeinsam einen Nesträuber vertreiben, stimmen sie ein ABC-D an. Die Wissenschafter resümierten: „Die Meisen können mit dem gleichen Wortschatz unterschiedliche Botschaften vermitteln.“ Die menschliche Sprache, die auf Buchstaben, Silben, Wörtern und Sätzen aufbaut, erlaubt eine schier unbegrenzte Schöpfung an Begriffen und Aussagen.
Weit entfernt verwandte Arten befolgen ähnliche Grammatikregeln
„Die kognitive Fähigkeit zum Sprachgebrauch hat nicht zwingend mit der Verwandtschaft zu tun“, bestätigt Zoologin Stöger die aktuellen Ergebnisse. Es liege weniger an der Anatomie, ob Tiere „sprechen“ können, als an den neuronalen Verbindungen. Hirnschmalz vor Stimmlippen im Kehlkopf.
Während zahlreiche Arten mit einem fixen Repertoire an Lauten auf die Welt kommen und im Laufe des Lebens nicht allzu viel dazu lernen, erweisen sich nachweislich Wale, Delfine, Elefanten, Singvögel und Papageien mit Übung als wahre Artikulationstalente.
Affen kennen rudimentäre Grammatik
Vor fünf Jahren brachten Schweizer Wissenschaftler im Experiment Weißbüschelaffen und Schimpansen Grammatikregeln bei. Ende 2024 belegten französische Kollegen bei Grünen Stummelaffen eine „rudimentäre Grammatik“. Die eher ungeselligen Baumbewohner setzen eine überschaubare Anzahl an Rufen zu langen Sequenzen zusammen, die syntaktischen Regeln folgen. „Die Komplexität übertrifft bei weitem die anderer nicht-menschlicher Primatenarten, die in der gleichen Umgebung leben“, urteilten die Wissenschaftler.
„Tiere können auch ohne Lautsprache komplexe Inhalte transportieren“, sieht Stöger das große Ganze und verweist etwa auf die Tänze der Bienen und die Duftbotschaften von Hunden.
Was die Akustik betrifft, würden sich mit Künstlicher Intelligenz künftig riesige Datenmengen schneller, effizienter und genauer analysieren lassen. „Wir Forschende werden noch viel Überraschendes über die Sprache und Musik der Tiere herausfinden.“ Die Buckelwale liefern bereits jetzt einen Puzzlestein in der stimmlichen Evolution.
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