Vitamin D: Warum das Sonnenvitamin jetzt besonders wichtig ist

Vitamin D ist im Herbst besonders wichtig, da der Körper ab Oktober kaum mehr Vitamin D mehr über die Sonne bilden kann, da die Sonne in unseren Breiten zu tief steht und die UVB-Strahlung zu gering ist.
Die Tage werden kürzer, die Sonnenstunden weniger. Berechtigt ist die Frage, wie es um den eigenen Vitamin-D-Haushalt bestellt ist.
Bekannt ist, dass das Sonnenvitamin unerlässlich für unsere Gesundheit ist. Es stärkt nicht nur die Knochen, sondern unterstützt auch Muskeln, das Immunsystem und zahlreiche Stoffwechselprozesse. Und wir wissen: Anders als die meisten Vitamine kann der Körper Vitamin D selbst herstellen – vorausgesetzt, genügend Sonnenlicht trifft auf die Haut.
Vitamin D: Eigenproduktion reicht oft nicht aus
Doch in unseren Breitengraden mit langen Wintern und wenig direkter Sonne reicht diese Eigenproduktion oft nicht aus. Viele Menschen greifen zu Präparaten, um ihren Bedarf zu decken.
Seit den 1950er-Jahren erhalten Säuglinge im ersten Lebensjahr Vitamin-D-Tropfen. Ein regelrechter Hype um das Sonnenvitamin setzte in Österreich erst vor rund 20 Jahren ein. Aber: Wann ist die Einnahme eigentlich sinnvoll? Wie viel ist empfehlenswert – ab wann wird es zu viel? Der KURIER hat mit Apothekerin Astrid Janovsky gesprochen.
Welche gesicherten gesundheitlichen Vorteile von Vitamin D gelten als wissenschaftlich belegt – und welche eher nicht?
Von der Europäischen Union sind folgende Funktionen bestätigt und dürfen in Aussagen im Zusammenhang mit dem Nutzen von Vitamin D verwendet werden:
- Vitamin D ist wichtig für die Kalziumaufnahme und damit für den Aufbau von Knochen und Zähnen.
- Auch die Aufnahme von Phosphor, was ebenfalls für eine stabile Knochenstruktur und gesunde Zähne wichtig ist, wird durch Vitamin D gefördert.
Viele Studien legen einen Einfluss auf die Psyche nahe, wie etwa eine höhere Depressionsneigung bei niedrigen Vitamin D-Spiegeln. Vitamin D spielt auch eine Schlüsselrolle im Kalziumstoffwechsel: Es ermöglicht, dass Kalzium aus dem Darm in den Körper gelangt, und ist entscheidend für die Gesundheit von Knochen und Zähnen. Darüber hinaus ist gut belegt, dass Vitamin D das Immunsystem unterstützt und für die Muskelfunktion wichtig ist.
Wenn man vom Vitamin D Komplex spricht, was ist damit genau gemeint?
Streng genommen handelt es sich bei Vitamin D nicht um ein einzelnes Vitamin, sondern um eine Gruppe fettlöslicher Verbindungen. Das bedeutet einerseits, dass der Körper Vitamin D speichern kann, andererseits, dass es in Verbindung mit Fett besser aufgenommen wird.
Es ist ein wichtiger Faktor, um Kalzium aus dem Darm in den Körper zu transportieren, spielt also eine entscheidende Rolle für die Knochen- und Zahngesundheit. Außerdem ist mittlerweile auch die Bedeutung für das Immunsystem und die Muskelfunktion nachgewiesen.
Der bedeutendste Vertreter dieser Gruppe ist Vitamin D3, und mit dem Begriff Vitamin D-Komplex bezeichnet die Industrie meist nicht eine Mischung verschiedener D-Vitamine, sondern die Kombination von Vitamin D3 und Vitamin K2. Eine Mischung verschiedener D-Vitamine - wie man es von den B-Vitaminen kennt - ist eher unüblich.
Weniger bekannt ist, dass auch eine unzureichende Magnesiumversorgung die Aufnahme und Verwertung von Vitamin D beeinträchtigen kann.
Wie bildet der Körper Vitamin D, und welche Rolle spielt Sonnenlicht?
Wenn UVB-Strahlen auf die Haut treffen, kann der Körper Vitamin D produzieren. Ein wichtiger Ausgangsstoff dafür ist übrigens Cholesterin, das in größeren Mengen gesundheitsschädlich ist. Experten sind sich nicht ganz einige, wie lange wir wie nackt durch die Gegend marschieren müssen, um ausreichend Vitamin D zu produzieren. Die einen sagen, nackte Arme und Beine reichen, andere halten das für nicht ausreichend oder zumindest die Zeit in unseren Breiten für zu kurz. Im vergangenen Sommer hätte letzteres zutreffen können.
Grundsätzlich spielen aber viele Faktoren eine Rolle, wie etwa Hautfarbe oder Sonnenstand (eine Stunde Sonne im Sommer bringt viel mehr Vitamin D als eine Stunde im Winter). Nicht zuletzt spielt auch das Alter eine Rolle. Sonnencreme hingegen soll die Produktion nicht beeinflussen.
- Mythos 1: Vitamin D reicht allein zur Osteoporoseprophylaxe.
Falsch: Wenn man zu wenig Kalzium aufnimmt, reicht der beste Vitamin D-Spiegel nicht.
- Mythos 2: Vitamin D wirkt nur, wenn es in Kombination mit Vitamin K2 eingenommen wird.
Falsch: Unser Körper produziert Vitamin K2 selbst im Darm. Außerdem steckt es in einigen Lebensmittel, wie in fermentierten Sojabohnen, gereiftem Käse und Sauerkraut sowie in tierischen Produkten wie Eigelb und Butter. Generell sollten Vitamin-D-Präparate für eine bessere Resorption immer mit der Nahrung eingenommen werden.
- Mythos 3: Vitamin D Mangel tritt eher bei Veganern auf.
Richtig: Das könnte stimmen, weil Nahrungsquellen für Vitamin D vorrangig tierischen Ursprungs sind.
- Mythos 4: Wer Vitamin D nimmt, bekommt keine Knochenbrüche.
Falsch: Unsere Knochen sind sehr unterschiedlich in der "Bauqualität". Eine grundsätzlich schlechte Grundsubstanz ist nicht durch Vitamin D zu kitten.
- Mythos 5: Es ist egal, ob ich meine Wochendosis an einem Tag nehme oder auf sieben Tage aufteilen.
Richtig: Es macht keinen Unterschied, ob ich täglich 1000 Einheiten schlucke, oder immer sonntags 7.000 Einheiten. Durch die Speicherfähigkeit im Fettgewebe kann der Körper ein Depot anlegen und auf seine eigenen Reserven zugreifen. Wer zur vergesslichen Fraktion gehört, kann sich einen Eintrag im Kalender einmal pro Woche machen und ist trotzdem gut versorgt.
- Mythos 6: Jeder kann Vitamin D brauchen.
Halbrichtig: Der Mangel ist in unseren Breiten weit verbreitet und gerade im Winter ein Thema. Dennoch ist es sinnvoll, den Wert in der Apotheke oder beim Arzt checken zu lassen. In manchen Foren werden sehr hohe Tagesdosen von Vitamin D empfohlen. Das ist grundsätzlich zwar möglich und wird in bestimmten Fällen auch (kurzzeitig) therapeutisch empfohlen, sollte aber immer in Abstimmung mit Arzt oder Ärztin erfolgen.
Ab wann spricht man von einem Vitamin-D-Mangel? Wie häufig kommt er vor?
Bei einem Wert unter 50 nmol/l (Nanomol pro Liter) Blut spricht man von einer Unterversorgung, weniger als 30 nmol/l Blut wird als Mangel angesehen. Screeningaktionen der Österreichischen Apothekerkammer haben gezeigt, dass ältere Personen meist durch ärztliche Intervention und Einnahme von Vitamin-D-Präparaten gut versorgt sind, bei Jüngeren hingegen öfter Werte im kritischen Bereich vorliegen.
Ein Mangel an Vitamin D kann schwerwiegende Folgen für die Knochengesundheit haben. Bei Kindern drohen Wachstumsstörungen bis hin zu Rachitis mit dauerhaften Skelettverformungen. Auch eine verringerte Muskelkraft und eine erhöhte Infektanfälligkeit treten häufig auf. Erwachsene entwickeln bei ausgeprägtem Mangel oft Osteomalazie – eine schmerzhafte Knochenerweichung mit Verformungen, Muskelschwäche und Kraftverlust. Darüber hinaus gilt Vitamin-D-Mangel als Risikofaktor für Osteoporose im Alter, bei der die Knochenmasse abnimmt und die Bruchfestigkeit sinkt.
Bereits vor rund 200 Jahren entdeckten Mediziner, dass Lebertran gegen Rachitis hilft. Etwa 100 Jahre später, im Jahr 1928, gelang die Entschlüsselung der Molekülstruktur von Vitamin D – eine Leistung, für die der deutsche Chemiker Adolf Windaus mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet wurde.
Wer ist besonders gefährdet, zu wenig Vitamin D zu haben?
Da wir den Großteil unseres Bedarfs mit Hilfe der Sonne synthetisieren müssen, nur rund 20 Prozent stammen aus Nahrungsmitteln, sind vor allem jene Personen unterversorgt, die wenig Sonne an ihre Haut lassen. Sei es durch bedeckende Kleidung oder weil sie sich wenig im Freien aufhalten.
Aber auch Stoffwechselstörungen, chronischen Magen-Darm, Leber- oder Nierenerkrankungen oder bestimmte Medikamente, wie etwa Antiepileptika oder auch Chemotherapien, können den Vitamin-D-Spiegel negativ beeinflussen. Nicht zuletzt sind große Fettdepots, also Übergewicht, Vitamin-D-Speicher im negativen Sinn - da das Vitamin fettlöslich ist wird es im Körperfett gespeichert.
Welche Lebensmittel enthalten nennenswerte Mengen an Vitamin D?
Nicht umsonst hat man früher Lebertran zur Rachitisprophylaxe verwendet. Vitamin D steckt also in Leber, aber auch in fettem Seefisch. Außerdem findet man es Pilzen, allerdings nur in denen, die echtes Tageslicht gesehen haben, also im Freien gewachsen sind. Wer weder Fisch noch Schwammerl mag, kann zu Eiern greifen, vor allem zum Dotter.
Wie sinnvoll ist die Einnahme von Vitamin-D-Präparaten? Wie findet man die richtige Dosierung?
Wie bei allen Supplementierungen ist es sinnvoll, einmal den Status Quo ermitteln zu lassen. Entweder beim Arzt, in der Apotheke oder mittels Selbsttest (wobei diese meist nur eine grobe Richtung weisen). Österreichische und deutsche Ernährungsgesellschaften empfehlen eine tägliche Zufuhr von 800 bis 1.000 Einheiten für gesunde Erwachsene. . Nach Blutbefunden und auf ärztliche Anweisung kann die Dosis auch wesentlich höher ausfallen. Auch bei entzündlichen Erkrankungen wird oftmals kurzzeitig in viel höheren Mengen ergänzt.
Welche Risiken gibt es bei Überdosierung?
Bei einem Zuviel an Vitamin D kann zu den klassischen Überdosierungssymptomen wie Übelkeit, Erbrechen oder Kopfschmerz kommen. Die Funktion von Vitamin D als Kalzium-Transporter kann sich ins Negative umkehren und für zu viel Kalzium in den Nieren sorgen. Und paradoxerweise begünstigen zu hohe Vitamin-D-Spiegel sogar Osteoporose.
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