Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl ist Wissenschafterin des Jahres

Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl ist Wissenschafterin des Jahres
Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zeichnet die Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien für ihre Vermittlungsarbeit aus.

Die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl wurde vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zur „Wissenschafterin des Jahres 2020“ gewählt. Mit dieser heute, Donnerstag, in Wien übergebenen Auszeichnung wird die Vermittlungsarbeit der Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien gewürdigt.

Mit der seit 1994 jährlich durchgeführten Wahl will der Journalistenklub vor allem das Bemühen von Forscherinnen und Forschern auszeichnen, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Ansehen von Wissenschaft und Forschung in Österreich zu heben.

Unaufgeregt in Corona-Krise

Puchhammer-Stöckl hat in den vergangenen Monaten immer wieder Fakten und Hintergründe des Coronavirus SARS-CoV-2 erklärt, wobei vor allem ihre "unaufgeregte Art" und "sachliche Information" geschätzt werden. Sie habe "kenntnisreich, uneitel und wenn nötig eindrucksvoll direkt kontinuierlich Medien und Öffentlichkeit informiert" und damit ein "Beispiel für den Auftrag und die Wirksamkeit von Wissenschaftskommunikation gesetzt", heißt es in einem der Wahlvorschläge der Klubmitglieder für sie. Ihre TV-Interviews seien herumgeschickt worden, "weil man erstmals das Gefühl hatte, hier etwas Wesentliches verstanden zu haben", heißt es in einem weiteren Wahlvorschlag

Die Virologin zeigte sich gegenüber der APA sehr erfreut über die Auszeichnung und hob die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation seit Beginn der Coronaviruspandemie hervor, "da viele wissenschaftliche Erkenntnisse einen direkten Einfluss auf das Leben unzähliger Menschen weltweit hatten". "Wir alle, WissenschafterInnen wie JournalistInnen, haben im Jahr 2020 wohl sehr viel dazu beigetragen, das Verständnis der Menschen für die virologischen Grundlagen der Pandemie zu fördern, und auch im Angesicht einer unübersehbaren Flut von Informationen die relevanten wissenschaftlichen Aspekte herauszuarbeiten", betonte Puchhammer-Stöckl.

"Lockdown momentan das Einzige, was hilft"

Puchhammer-Stöckl ging bei einer Pressekonferenz auch auf die aktuelle Situation ein: "Momentan ist ein Lockdown, so, wie wir ihn derzeit haben, die einzige Maßnahme, die die Zahlen wirklich hinunterbringt", sagte die Virologin. "Milde Lockdowns scheinen den Anstieg der Zahlen zwar zu verhindern, aber sie gehen nicht hinunter." Die jetzt immer noch hohen Zahlen seien wahrscheinlich auf den milden Lockdown über Weihnachten zurückzuführen.

Auch zu den neuen Virusvarianten - der britischen und der südafrikanischen -  nahm sie Stellung: "Die britische Variante verläuft klinisch nicht schwerer als die Ursprungsstämme. Die Impfung sollte dagegen wirken. Die Frage, um  wie viel infektiöser sie ist als andere Varianten, diese Berechnungen sind noch nicht abgeschlossen. Da fehlen noch Labordaten."

Das häufige Auftreten bei Kindern und Jugendlichen in England habe "offenbar damit zu tun, dass die Schulen offen waren, während alles andere im Lockdown war. Es ist eher ein Zufall, dass sie sich dort stärker vermehrt hat."

Über die südafrikanische Variante hingegen könne man noch nicht viel sagen.

"Den neuen Impfstoffen vertrauen wir"

Den neuen mRNA-Impfstoffe vertraue sie, betonte Puchhammer-Stöckl. "Wir sehen, dass eine wirklich Virusinfektion etwas viel Dramatischeres auch auf mRNA-Basis auslöst als eine Impfung mit einem Teil eines Virus, das sich nicht mehr vermehren kann in einer Zelle und nur an der Oberfläche Proteine bildet.

Zur Person

Geboren am 30. September 1962 in Wien studierte Puchhammer-Stöckl in ihrer Heimatstadt Medizin und kam nach der Promotion 1986 über ein Projekt an die Virologie, wo sie seither tätig ist. Sie habilitierte - nach ihren Ausbildungen zur Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie sowie zur Fachärztin für Virologie - 1994. Wissenschaftlich konzentriert sie sich auf sogenannte "persistierende Viren", also Erreger wie etwa Herpesviren, die nach einer Infektion ein Leben lang im Körper bleiben und diesen beeinflussen. Im Zusammenhang mit Coronaviren erforscht sie mit ihrer Gruppe u.a. die Immunantwort von "Natürlichen Killerzellen", die ganz am Anfang der Infektion steht.

Im Jahr 2000 wurde sie außerordentliche Professorin am Zentrum für Virologie, das sie seit 2018 leitet. Anfang Dezember der Vorjahres übernahm Puchhammer-Stöckl, die Mitglied der Ampel-Kommission war und nach wie vor der Corona-Taskforce des Gesundheitsministers angehört, eine Professur im Fachbereich Virologie der Medizinuniversität Wien.

In den vergangenen Jahren haben die Historikerin Barbara Stelzl-Marx (2019), der Chemiker Nuno Maulide (2018), der Komplexitätsforscher Stefan Thurner (2017), die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (2016) und der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015) die Auszeichnung erhalten.

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