Senioren: Mit diesem Schnelltest lässt sich das Sturzrisiko abschätzen

Ältere Frau hält sich fest.
Brasilianische Forschende empfehlen einen simplen Test, der ein erhöhtes Sturzrisiko bei älteren Personen frühzeitig anzeigen soll.

Stürze sind nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) weltweit die zweithäufigste Ursache für verletzungsbedingte Todesfälle bei Erwachsenen über 65 Jahren. 

Auch bei Menschen, die vor einem Sturz bei guter Gesundheit scheinen, können derartige Unfälle Verletzungen oder Brüche nach sich ziehen. Und selbst wenn eine Verletzung ausbleibt, führen Stürze in der Regel zu eingeschränkter Mobilität – und damit zu einem Verlust von Unabhängigkeit und Selbstständigkeit.

Austestung der Balance

Besteht der Verdacht auf eine erhöhtes Sturzrisiko, sollte daher eine Austestung der Balance erfolgen. Gängig ist dabei unter anderem die Beobachtung des Patienten oder der Patientin in vier Körperpositionen: geschlossener Stand, Semi-Tandemstand, Tandemstand und einbeiniger Stand – jeweils für zehn Sekunden (Beschreibungen siehe Infobox). Auch Gehtests – dabei wird die Zeit gemessen, in der eine Person eine Strecke von vier Metern gehend zurücklegt – werden häufig zu Einschätzung des Sturzrisikos angeleitet.

"Zehn Sekunden in jeder Position sind nicht genug"

Brasilianische Forschende schlagen in einer im Fachblatt BMC Geriatrics neu veröffentlichten Studie nun eine Adaption des Testverfahrens vor. "Unsere Studie hat gezeigt, was wir bereits vermutet hatten: Zehn Sekunden in jeder Position sind nicht genug", wird Daniela Cristina Carvalho de Abreu, Leiterin des Labors für Gleichgewichtsbewertung und Rehabilitation an der Universität von Sao Paulo, dazu in einer Aussendung zitiert.

Demnach zeigte sich in einer Studie mit 153 Freiwilligen, dass die Balancebewertung durch eine Modifikation des Tests aussagekräftiger gestaltet werden könnte. Auch im Hinblick auf die Früherkennung eines erhöhtes Sturzrisikos. 

Das Team der Universität von Sao Paulo schlägt konkret vor, lediglich zu beobachten, ob eine Person zwei der anspruchsvollsten Positionen (vorzugsweise Tandem- und Einbeinstand) für jeweils 30 Sekunden einnehmen kann. Es offenbarte sich nämlich, dass für jede zusätzliche Sekunde, die die ältere Person in der Lage war, in der Tandem- oder Einbeinposition zu bleiben, die Wahrscheinlichkeit eines Sturzes in den folgenden sechs Monaten um fünf Prozent sank. "Damit ist es möglich, das Sturzrisiko über einen Zeitraum von sechs Monaten vorherzusagen", so die Studienleiterin.

Jene Teilnehmer-Gruppe, die in den sechs Monaten nach dem Test gestürzt war, konnte im Schnitt 10,4 Sekunden in der einbeinigen Position und 17,5 Sekunden in der Tandemposition verweilen. Diejenigen, die nicht gestürzt waren, hielten die Einbeinstellung 17,2 Sekunden und die Tandemstellung 24,8 Sekunden lang.

Geschlossener Stand: Beide Füße stehen parallel auf gleicher Höhe und berühren sich an den Innenseiten. 

Semi-Tandemstand: Die Füße stehen leicht versetzt, die Großzehe des hinteren Fußes berührt mit ihrer Innenseite dabei die Ferseninnenseite des vorderen Fußes.

Tandemstand: Die Füße stehen auf einer Linie hintereinander, die Großzehe des hinteren Fußes berührt mit ihrem vorderen Rand dabei die Rückseite des vorderen Fußes. 

Personen mit hohem Sturzrisiko übersehen

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass der 10-Sekunden-Haltetest nur Personen mit sehr schweren Gleichgewichtsproblemen erkennen kann und somit ein erheblicher Teil der Personen mit hohem Sturzrisiko übersehen wird. Wir schlagen daher vor, dass die Zeitgrenze für den vierstufigen Gleichgewichtstest auf mehr als 23 Sekunden festgelegt wird", so Abreu.

Allerdings, das betont Abreu, sei das modifizierte Testverfahren, wie auch die Originalversion, lediglich eine Screening-Methode. Bei Auffälligkeiten seien weiterführende Untersuchungen nötig, um die Ursachen der Gleichgewichtsprobleme zu ermitteln.

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