Lebensmittel, Arzneien: Neue Ansätze für die Produktion in Zellkulturen

Das Foto zeigt eine Petri-Schale mit einer Kultur von Hefebakterien. Diese Bakterien sollen Proteine für die Herstellung von Arzneien und Lebensmittel produzieren.
Wissenschaftstalk "Spontan gefragt" auf KURIER.TV. „Synthetische Biologie“ mit Zellkulturen als Chance etwa für vegane Ersatzprodukte zu tierischen Lebensmitteln.

Es ist eine Zukunftstechnologie: „Die synthetische Biologie ist eine Disziplin, die Biologie mit Ingenieurwissenschaften verbindet“, erklärt die Mikrobiologin Brigitte Gasser von der Universität für Bodenkultur in Wien in der neuen Ausgabe des Wissenschaftstalks „Spontan gefragt“ auf KURIER.TV. Die Sendung entsteht in Kooperation mit dem Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds WWTF.

Spontan gefragt: Wolfgang Binder und Brigitte Gasser

Zellen (z. B. Hefezellen) erhalten neue Funktionen, „um wertvolle Produkte herzustellen, wie zum Beispiel Medikamente. Oder Enzyme, die wir in Waschmitteln brauchen, oder auch Proteine, die wir als Nahrungsmittel verwenden können“.

Ein bekanntes Beispiel ist etwa Insulin, das heute mittels gentechnologisch veränderter Bakterien oder Hefen hergestellt wird. Ohne diese Technologie könnte man gar nicht mehr alle Diabetiker mit Insulin versorgen, und zwar mit einem sicheren Produkt, das unter kontrollierten Bedingungen hergestellt wird, sagt Genetiker und Moderator Markus Hengstschläger

Und welche Ansätze gibt es im Lebensmittelbereich, will Wolfgang Binder, Eigentümer des Café Frauenhuber, des ältesten Kaffeehauses Wiens, wissen. Gasser nennt das Beispiel Käseherstellung, wo von Mikroorganismen produzierte Enzyme zur Reifung des Käses eingesetzt werden.

Milcheiweiß von Zellen

Eine neuere Idee sei es, mit der Hilfe von Hefezellen Milch- oder Eiproteine herzustellen. „Für eine vegane Ernährung?“, fragt Binder. – „Genau“, sagt Gasser. „All diese Proteine sind dann vegan, tierfrei und können für vegane Ernährung – etwa zum Kuchenbacken – verwendet werden.“ Solche Milchproteine gebe es schon, „weil wir da ja nicht die Milch nachbauen müssen, sondern nur die in ihr enthaltenen Proteine.“ Fleischersatzprodukte auf dieser Basis seien hingegen noch nicht marktreif.

Cafetier Wolfgang Binder, Mikrobiologin Brigitte Gasser sowie der Genetiker und Moderator Markus Hengstschläger in der Sendung „Spontan gefragt“.

Cafetier Wolfgang Binder, Mikrobiologin Brigitte Gasser, Genetiker und Moderator der Sendung "Spontan gefragt", Markus Hengstschläger (v. l. n. r.).

Gasser und ihre Kolleginnen wollen mit der Unterstützung des WWTF die Ausbeute an solchen Proteinen, die Hefe- und auch Pflanzenzellen herstellen, mit modernen Verfahren verbessern. „Es geht um mehr Effizienz und höhere Qualität.“ Für den industriellen oder medizinischen Bereich sei es wichtig, neuartige Methoden anzuwenden und von Zellen zu lernen, die „Millionen an Proteinen pro Sekunde herstellen können“.

Wichtig sei die Akzeptanz der Konsumentinnen und Konsumenten, betont Binder, Wobei es überhaupt fraglich sei, ob es den Kunden interessiere, dass Proteine enthalten sind, die auf diese Weise hergestellt wurden.

Aber Ersatzprodukte für Fleisch etwa „müssen so aussehen und schmecken wie Fleisch“, um akzeptiert zu werden, betont Hengstschläger. – „So funktioniert der Mensch“, sagt auch Binder. Dieser wolle ein Produkt, das er kennt, das er sozusagen gelernt hat, und auf das wolle er nicht verzichten. EM

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