Die UV-Strahlung erreicht in Österreich bereits jetzt Werte, die Sonnenschutz erforderlich machen. Warum das so ist und wie man sich am besten schützt.
Ob Spaziergänge im Park, der erste Kaffee draußen oder die Arbeit auf Balkon und im Garten – mit dem Frühling erwacht nicht nur die Natur, sondern auch die Lust, wieder mehr Zeit im Freien zu verbringen. Die ersten Sonnenstrahlen sind allerdings intensiver als man denkt. Schon im Frühjahr ist die ultraviolette Strahlung, kurz UV-Strahlung, stark genug, um der Haut zu schaden. Auch weil die Temperaturen noch mild sind, wird die Gefahr oft unterschätzt.
„Die UV-Strahlung hat sich in den vergangenen Jahren verändert – insbesondere durch den Klimawandel und eine dünner werdende Ozonschicht, die weniger UV-Strahlen filtert. In der Praxis sehen wir zunehmend lichtbedingte Hautveränderungen wie frühzeitige Faltenbildung, Pigmentflecken und aktinische Keratosen, das sind die Vorstufen von Hautkrebs“, sagt der Wiener Hautarzt OA Dr. Markus Dawid.
Besonders im Frühling ist die Haut nach den dunklen Wintermonaten noch blass und empfindlich. Ihr Eigenschutz ist kaum aufgebaut, wodurch sie anfälliger für Schäden durch UV-Strahlen wird. „Nach dem Winter fehlt die natürliche Anpassung der Haut. Sonnenbrand als kurzfristiges Anzeichen für Hautschäden durch UV-Strahlen tritt deshalb imFrühling besonders häufig auf“, so Dawid.
UV-Strahlung dringt tief in die Haut ein
UV-Strahlung ist ein Teil der Sonnenstrahlung, der für das menschliche Auge nicht wahrnehmbar ist. Unterschieden werden UVA-, UVB- und UVC-Strahlung. Während letztere von der Erdatmosphäre, der Ozonschicht, abgefangen wird, gelangen UVA- und UVB-Strahlung an die Haut. UVA-Strahlen machen etwa 95 Prozent der UV-Strahlung aus, die die Erde erreicht. Sie dringen tief in die Haut ein und fördern die Hautalterung. Die restlichen fünf Prozent entfallen auf UVB-Strahlen, die energiereicher sind und Sonnenbrand sowie Schädigungen der Augen verursachen können, aber auch zur Bildung von Vitamin-D führen. Beide Strahlungsarten sind als natürliche Bestandteile des Sonnenlichts nützlich, aber bei zu hoher Dosis gefährlich – sie erhöhen das Risiko für Hautkrebs langfristig.
Daten des UV-Messnetzes in Österreich zeigen, dass bereits ab März UV-Index-Werte von 3 erreicht werden können. Dieser Index gilt als internationales Maß für die gesundheitsrelevante UV-Strahlung und reicht von 0 für sehr niedrig bis 10, einer sehr hohen UV-Belastung, bei der die direkte Sonne gemieden werden sollte. „Die Idee des UV-Index ist, die Bevölkerung über die aktuelle UV-Belastung zu informieren. In Österreich wird an 12 Stationen gemessen. Aber egal, wo auf der Welt man sich befindet, gibt die Höhe des UV-Index an, wie lange ich mich in der Sonne aufhalten kann und ob ich mich schützen sollte“, erklärt Mag. Dr. Stana Simic vom Institut für Meteorologie und Klimatologie an der Universität für Bodenkultur Wien (BOKU).
Die Klimaforscherin mit Schwerpunkt UV-Strahlung beobachtet Anstiege im Frühling, betont aber, dass die UV-Belastung von vielen Faktoren abhängt und von Jahr zu Jahr variieren kann. „Wir sehen eine starke Abhängigkeit von Ozon – nimmt das Ozon ab, steigt die UV-Strahlung an, insbesondere an wolkenlosen Tagen. Wir sehen hier Wechselwirkungen mit Aspekten des Klimawandels, einerseits über ozonschädigende Stoffe, wodurch mehr UV-Strahlung auf die Erde gelangt, andererseits ist es wärmer und wir halten uns mehr im Freien auf, was ebenfalls relevant für die Auswirkungen von UV-Strahlen auf die Haut ist“, sagt Simic.
Ein Meilenstein sei das 1987 verabschiedete Montrealer Protokoll, so Simic. Nachdem Wissenschaftler in den 1980er-Jahren ein Ozonloch über der Antarktis entdeckt hatten, zielte das Umweltabkommen darauf ab, ozonschädigende Stoffe zu reduzieren. Bis heute gilt es als eines der erfolgreichsten Abkommen weltweit – die Produktion und Verwendung von chemischen Stoffen, die die Atmosphäre schädigen, vor allem FCKW (Fluorchlorkohlenwasserstoffe), wurden stark eingeschränkt und alternative, umweltfreundlichere Stoffe entwickelt.
Simic: „Ozonschädigende Stoffe in der Atmosphäre sind um 20 Prozent zurückgegangen – das konnten Studien, an denen auch unser Institut beteiligt war, zeigen. Das heißt, ohne dieses Abkommen hätten wir jetzt um 20 Prozent mehr UV-Strahlung – das Montrealer Protokoll konnte also eine Zunahme der UVB-Strahlung auf der Erde verhindern und dadurch auch viele Hautkrebsfälle und Augenschäden beim Menschen.“
Heute ist die Ozonschicht auf dem Weg der Besserung, dennoch wurden zwischenzeitlich unerlaubte Emissionen von FCKW festgestellt. „Wir sehen zudem, dass in den letzten Jahrzehnten die Konzentration von Treibhausgasen stetig zugenommen hat, darunter Kohlendioxid (CO2), Methan und Lachgas. An der UV-Messstation am Hohen Sonnblick in den österreichischen Alpen sehen wir bei Ozonmessungen keinen signifikanten Trend, dass sich das Gesamtozon erhöht hätte. Es hat sich stabilisiert, aber nicht erholt“, so Simic.
Was heißt das für unsere Haut? Dermatologe Dawid betont, dass Sonnenschutz längst nicht mehr nur eine Sommerfrage sei. „Tatsächlich sollten wir unsere Haut ganzjährig schützen, besonders aber im Frühling. Die UV-Belastung nimmt ab März spürbar zu. Ein hoher UVA- und UVB-Schutz ist daher ratsam“, sagt Dawid. Bereits ab einem UV-Index von 3 wird empfohlen, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, ab einem UV-Index von 6 wird der Schutz unverzichtbar. Dazu zählen schützende Kleidung mit langen Ärmeln und eine lange Hose, eine Sonnenbrille, ein Hut oder eine Kappe sowie Sonnencreme auf unbedeckten Hautstellen.
Besonders zur Mittagszeit sollte direkte Sonneneinstrahlung gemieden werden – gemäß dem Leitspruch „From eleven to three, stay under the tree“ (deutsch: Zwischen 11 und 15 Uhr solltest du im Schatten bleiben). Allerdings sollte man bedenken, dass auch im Schatten Streu-UV-Strahlung auf die Haut trifft, sodass dennoch ein Schutz durch Kleidung und Sonnencreme ratsam ist.
Eine Tagescreme mit Lichtschutzfaktor könne im Frühling als Basis dienen, reiche aber oft nicht aus, führt Dawid weiter aus. „Wer viel draußen ist oder empfindliche Haut hat, sollte also bereits im Frühjahr auf eine richtige Sonnencreme setzen.
Der Dermatologe Markus Dawid hat eine Wahlarztpraxis in Wien.
Alle zwei Stunden Sonnencreme nachcremen
Nicht vergessen werden darf auf das Nachcremen. Studien zeigen, dass Sonnenschutz bereits nach wenigen Stunden an Wirkung verliert, vor allem durch Schweiß, Berührungen oder Reibung an der Kleidung – die Faustregel lautet also: Alle zwei Stunden nachcremen, besonders bei direkter Sonnenstrahlung.“
Eine weitere Faustregel besagt, dass der Lichtschutzfaktor der Sonnencreme mindestens doppelt so hoch wie der UV-Index sein sollte. Das gilt insbesonderein den Bergen oder in der Nähe von Wasser oder Schnee. Schnee reflektiert bis zu 90 Prozent der UV-Strahlung – sie wirkt dadurch „doppelt“, von oben und zusätzlich als Reflexion von unten, so Forscherin Simic. Hinzu kommt, dass pro 1.000 Höhenmeter die UV-Strahlung um etwa 10 bis 20 Prozent zunimmt.
Die Sonneneinstrahlung ist oft stärker und länger, weil es weniger Wolken und klarere Luft gibt. Schnee plus Höhe sorgen für eine sehr hohe UV-Belastung und erklären, warum Sonnenbrände beim Skifahren so häufig sind, sogar unter der Nase oder am Kinn, wo man sie nicht erwartet.
Mythos "leichte Bräune"
Auch die Augen sind gefährdet – Schneeblindheit ist eine Art Sonnenbrand auf der Hornhaut. Schutz bieten eine Sonnen- oder Schneebrille mit UV-Schutz, nicht nur beim Skifahren, auch bei Frühlingswanderungen. „Hier muss man im Frühjahr extrem aufpassen“, so Simic. Ebenfalls für eine Reflexion der UV-Strahlung sorgen Wasserflächen wie Seen. Selbst wenn es kühl ist oder der Himmel leicht bewölkt, setzt man sich am Wasser erhöhter UV-Belastung aus.
„Viele unterschätzen die tägliche UV-Belastung oder setzen Sonnenschutz nur im Hochsommer ein. Auch der Mythos, dass eine ,leichte Bräune schützt’, hält sich hartnäckig – dabei ist jede Bräunung bereits ein Schaden in den Hautzellen. Ein Umdenken findet langsam statt, aber konsequenter Schutz sollte so selbstverständlich sein wie eine gute Hautpflege“, betont Mediziner Dawid.
Die intensivere UV-Strahlung stellt nicht nur für Menschen eine Gefahr dar, sie beeinträchtigt so gut wie alle Ökosysteme der Erde. Obwohl Pflanzen Schutzmechanismen wie Pigmente und DNA-Reparatursysteme besitzen, zeigen Studien, dass mehr als die Hälfte der untersuchten Arten unter vermindertem Wachstum und geringerer Photosyntheseleistung leidet. Besonders betroffen sind Kulturpflanzen wie Soja und Reis, wobei die Empfindlichkeit je nach Sorte variiert.
Auch aquatische Ökosysteme sind stark betroffen: Etwa Phytoplankton, das als Hauptnahrungsquelle in marinen Nahrungsketten dient. Die Schäden an deren Photosynthese und DNA könnten nicht nur Fischbestände reduzieren, sondern auch den Treibhauseffekt beschleunigen. Besonders gefährdet sind auch Meeresorganismen wie Korallen, Krebse und Fischlarven, die unter erhöhten Sterblichkeitsraten leiden. Amphibien zeigen ebenfalls eine hohe Anfälligkeit: Ihre Eier, oft in flachen Gewässern abgelegt, sind der UV-Strahlung direkt ausgesetzt, was genetische Schäden und ein geschwächtes Immunsystem zur Folge haben kann.
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