Untersuchung beim Schularzt: "Fernbleiben ist wie Schuleschwänzen"

Ein Mädchen wird von einer Ärztin abgehört.
Die jährlichen Untersuchungen sind verpflichtend. Warum manche Eltern sie ablehnen und mit welchen Herausforderungen die Schulärzte konfrontiert sind

Viele Fünf- und Sechsjährige werden derzeit schulärztlich untersucht – dies ist gesetzlich vorgeschrieben. Dabei wird geprüft, ob das Kind schulreif ist. „In einem Gespräch mit den Eltern werden Auffälligkeiten von Geburt an besprochen, etwa die Sprachentwicklung oder das Sozialverhalten. Im Rahmen einer klinischen Untersuchung werden Größe, Gewicht, der neurologische Status, die Sehschärfe sowie logopädische Auffälligkeiten überprüft. Außerdem werden die Kinder abgehört“, erklärt Claudia Mark, Präsidentin der Gesellschaft der Schulärzte Österreichs (GSÖ).

Zur Beurteilung der Grob- und Feinmotorik müssen Kinder während des Elterngesprächs oft etwas malen oder bestimmte Übungen wie Einbein-Hüpfen ausführen. Der Schularzt gibt dann eine Empfehlung zur Schulreife und möglichem Förderbedarf.

Jährliche Untersuchung ist verpflichtend

Auch nach der Einschulung findet einmal jährlich eine schulärztliche Untersuchung statt. Im Schuljahr 2022/23, den zuletzt verfügbaren Daten, wurden allein an Bundesschulen 260.000 dieser sogenannten §66-Schulunterrichtsgesetz-Untersuchungen durchgeführt, ergänzt durch 177.000 weitere Konsultationen. „Die Kinder werden von Kopf bis Fuß untersucht – Augen und Ohren kontrolliert, Herz und Lunge abgehört, der Bauch abgetastet und das Gangbild analysiert, um Auffälligkeiten frühzeitig zu erkennen“, sagt Mark. Seit der Pandemie versuchen manche Eltern, ihre Kinder von der Schuluntersuchung abzumelden. „Manchmal wird unsere Tätigkeit mit Vorsorgeangeboten verwechselt – die Schuluntersuchung ist aber verpflichtend. Ein Fernbleiben gilt als Schulschwänzen und müsste im Extremfall der Bildungsdirektion gemeldet werden“, betont Mark.

Die Untersuchungen sollen einen unabhängigen Blick auf die Kindergesundheit in Österreich ermöglichen. Auch Impfungen sind – mit elterlichem Einverständnis – möglich. So kann etwa die HPV-Impfung im Rahmen von Schulimpfaktionen erfolgen. Die Regelungen variieren aber je nach Bundesland. Einheitliche Vorgaben wären laut Mark wünschenswert, da Schulärzte Kinder besonders niederschwellig erreichen können. An manchen Schulen unterstützen School Nurses, ausgebildete Krankenpfleger, bei der Versorgung der Kinder.

Eine Zunahme beobachtet die Schulärztin bei Übergewicht, Adipositas und anderen chronischen Erkrankungen. Hier schulen Schulärzte Pädagogen im Umgang mit Notfällen, etwa bei Allergien oder Diabetes. „Auch psychosoziale Beschwerden nehmen zu, darunter Schulverweigerung und Schulangst. Der Schularzt ist hier die Drehtür zu weiteren Helfersystemen.“

Dauerthema Kopfläuse in Volksschulen

Ein Dauerthema in Volksschulen: Kopfläuse. „Es gelingt selten, alle Eltern gleichzeitig zur adäquaten Behandlung zu bewegen. Da es sich nicht um eine meldepflichtige Erkrankung handelt, können wir nur Empfehlungen aussprechen“, so Mark. Auch Schwimm- oder Turnbefreiungen sind immer wieder Thema – aktuell etwa aufgrund des muslimischen Fastenmonats Ramadan. Schulärzte stehen hier in engem Austausch mit Religionsgemeinschaften und weisen Eltern „sensibel, aber bestimmt“ auf gesetzliche sowie religiöse Bestimmungen hin.

Um die Gesundheit aller Schüler in Österreich besser zu erfassen, setzt sich Mark für die flächendeckende Einführung des SchulDoc-Programms ein. Diese Webanwendung ermöglicht eine strukturierte Dokumentation schulärztlicher Untersuchungen sowie eine umfassende Auswertung des Gesundheitszustands. Eine bessere Datengrundlage könnte helfen, frühzeitig auf gesundheitliche Entwicklungen zu reagieren und gezielte Maßnahmen zu setzen.

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