Das Wunder der resistenten Stärke

Das Wunder der resistenten Stärke
Stärkehaltige Lebensmittel gelten als Dickmacher. Abgekühlt und am nächsten Tag wieder aufgewärmt, profitiert man von der neu gebildeten „resistenten Stärke“.

Zusammenfassung

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  • Resistente Stärke entsteht in gekochten und abgekühlten stärkehaltigen Lebensmitteln und bietet gesundheitliche Vorteile.
  • Sie fördert eine gesunde Darmflora, reduziert Blutzuckerschwankungen und unterstützt die Insulinresistenz.
  • Lebensmittel mit resistenter Stärke wirken präbiotisch und helfen, Heißhungerattacken zu minimieren.

Von Ulrike Krasa

Sind etwa Nudeln, Erdäpfel oder Reis vom Vortag übergeblieben? Zu viel und zu schade zum Wegschmeißen? Daraus ein köstliches Restlessen zu zaubern, lohnt sich neuerdings doppelt: Einerseits stemmt man sich damit nachhaltig gegen die Lebensmittelverschwendung, gleichzeitig tut man dem Körper Gutes. Und zwar mit den Vorteilen der „resistenten Stärke“ – eine der faszinierendsten jüngsten wissenschaftlichen Entdeckungen in der Welt der Ernährung. Diese besondere Form der Kohlenhydrate, umgewandelt zu Ballaststoffen, unterstützt unsere Gesundheit in mehrfacher Hinsicht. Ihre Resistenz bezieht sich auf die Verdauung im Dünndarm. Normalerweise werden dort Kohlenhydrate von Enzymen in Zuckerbestandteile zerlegt und schnell als Glukose ins Blut aufgenommen. Die resistente Stärke ist jedoch vor diesem Abbau geschützt und gelangt unverdaut weiter in den Dickdarm, wo sie ihre Superkraft entfaltet. „Sie baut die Darmflora positiv auf, daher zählt resistente Stärke zu den hochwertigen Ballaststoffen“, erläutert Prof. Sandra Holasek, Leiterin der Forschungseinheit „Nutrition and Metabolism“ an der Medizinischen Universität Graz.

Fünf Quellen

Je nach Vorkommen und Entstehungsart werden fünf Typen resistenter Stärke unterschieden: Typ 1 und 2 kommen natürlich in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Erst durch Zerkauen oder Kochen werden sie verdaulich: Resistente Stärke ist in Getreide, rohen Karotten, reifen Bananen, Hülsenfrüchten wie Linsen und Kichererbsen, Mais oder auch in Samen, wie Lein- und Chiasamen, enthalten. Über Nacht eingeweichte Haferflocken sind ebenso gute Lieferanten.

Typ 3 entsteht wiederum erst, wenn kohlenhydratreiche, stärkehaltige Lebensmittel wie Erdäpfel, Teigwaren, Reis oder Bohnen gekocht und mindestens zwölf Stunden abkühlen. „Oder, wenn Brot eingefroren wurde“, ergänzt Holasek. Zwei weitere Typen (4 und 5) beziehen sich auf industriell hergestellte Stärken die Ballaststoff-Drinks oder auch Brot- und Kuchensorten zur Steigerung des Volumens zugesetzt werden.

Prozess der Umwandlung

Beim Kochen kohlenhydratreicher Lebensmittel quellen deren Stärkeketten zunächst auf und bilden neue, leicht verdauliche Strukturen. Kühlt das Lebensmittel anschließend ab, verändert sich ab einer Temperatur von 60 Grad Celsius die Struktur dieser Stärke erheblich. Der Prozess der so genannten Retrogradation beginnt. Etwa zwölf Stunden danach haben die Stärkeketten eine neue, stabilere, für uns höchst lohnenswerte Struktur formiert. Der vollständige Umbau der Kohlenhydrate und maximale Gehalt an resistenter Stärke bildet sich, wenn das Lebensmittel etwa 24 Stunden im Kühlschrank bleibt. Diese neue Struktur entkommt dem Abbau im Dünndarm und gelangt unverdaut in den Dickdarm. Sie wird übrigens ihrem Namen wirklich gerecht, sogar ein neuerliches Erwärmen der Speisen macht der resistenten Stärke nichts aus.

Einfluss auf den Blutzucker

Da resistente Stärke den Dünndarm passiert ohne aufgespalten und aufgenommen zu werden, stellt der Verzehr derartiger kohlenhydrathaltiger Speisen eine gute Möglichkeit dar, den Blutzuckeranstieg nach dem Essen zu verlangsamen und zu reduzieren. „Ein plötzlicher Anstieg des Blutzuckerspiegels wird verhindert, was wiederum vorteilhaft für Diabetiker und Menschen mit Übergewicht ist“, so Dr. Joakim Huber, Facharzt für Innere Medizin: „Ein langsamerer und geringerer Blutzuckeranstieg sowie geringere Blutzuckerschwankungen verursachen auch weniger oxidativen Stress im Körper. Die resistente Stärke wirkt sich positiv auf die glykämische Antwort, die Insulinresistenz, die Nierenfunktion sowie Entzündungsmarker aus, insbesondere auch bei Vorliegen eines Diabetes mellitus. Darüber hinaus wirkt die resistente Stärke präbiotisch und stärkt somit das Darmmikrobiom.“ Dieser Vorteil lässt sich auch etwa zur Mittagszeit am Arbeitsplatz nutzen: „Lebensmittel, die resistente Stärke enthalten, machen auch nicht so müde“, bestätigt Holasek.

Festmahl für Darmbakterien

Im Dickdarm angekommen, wird resistente Stärke fermentiert und punktet mit einer weiteren gesundheitsfördernden Eigenschaft: Sie ist ein wichtiger Nährstoff für unsere mikrobielle Darmflora. Da sie zu den präbiotisch wirksamen Ballaststoffen zählt, fördert sie die Vielfalt der nützlichen Darmbakterien wie zum Beispiel Bifidobakterien und Laktobazillen. Diese spielen eine entscheidende Rolle für die Aufrechterhaltung eines gesunden Darms. Gleichzeitig hemmen sie das Wachstum von ungünstigen, potenziell schädlichen Darmbakterien. „Weiters entstehen bei der Fermentation resistenter Stärke kurzkettige Fettsäuren, wie etwa Buttersäure. Diese wirken entzündungshemmend und dienen als Energiequelle für die Zellen unserer Darmschleimhaut“, weiß Holasek. Wie bei allen Ballaststoffen wird darüber hinaus, „das Stuhlvolumen erhöht, die Darmbewegung reguliert und die Steuerung der Sättigung positiv beeinflusst. Weiterer Vorteil: Durch die langsamere Versorgung mit Ballaststoffen werden Heißhungerattacken minimiert.“

Mehr darauf achten

Wer im Alltag vermehrt auf den Konsum von resistenter Stärke achten möchte, dem rät Holasek auf Lebensmittel zurückzugreifen, in denen sie in natürlicher Form vorkommt. Hier stimmt die Relation mit der zu konsumierenden Menge überein. Menschen, die sich gesund ernähren möchten, denen aber Vollkornprodukte nicht schmecken, könnten zur abgekühlten Variante greifen und Erdäpfel-, Reis-, oder Nudelsalate mit frischem Gemüse zubereiten.

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