Plasma von Covid-19-Genesenen hilft Schwerkranken nicht

Symbolbild
Vor kurzem wurde die zweite große Untersuchung mit negativem Ergebnis durchgeführt.

Noch vor einem Jahr ist Blutplasma von Covid-19-Genesenen auch von österreichischen Experten als Hoffnung gebende Therapie bezeichnet worden. Doch diese auf Blutplasma-Spenden beruhende Behandlung mit SARS-CoV-2-Antikörpern dürfte jetzt keinen Platz mehr in der Intensivmedizin haben. Auch Schwerkranken Patienten hilft sie nicht, hat eine internationale Studie ergeben, die nun in der Zeitschrift der US-Ärztegesellschaft ("JAMA") erschienen ist.

Das Rekonvaleszenten-Plasma enthält auch Immunglobulin-G-Antikörper gegen das Coronavirus. In den vergangenen Jahrzehnten wurden solche Plasma-Therapien immer wieder gegen Viruserkrankungen eingesetzt, zum Beispiel auch gegen Ebola-Infektionen. Dementsprechend waren vor allem zu Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie die Erwartungen groß.

Auch das Rote Kreuz in Österreich rief in diesem Zusammenhang zum Plasmaspenden auf. In Graz wurde im April 2020 von der Heilung eines schwerkranken Covid-19-Patienten durch aufbereitetes Rekonvaleszenten-Plasma berichtet.

Negative Ergebnisse bei Studien

Wissenschaftlichen Untersuchungen auf die Wirksamkeit hat diese Strategie aber nicht standgehalten. Am Montag wurde bei der Jahrestagung der Europäischen Gesellschaft für Intensivmedizin die sogenannte REMAP-CAP-Studie vorgestellt und zeitgleich in JAMA publiziert. Die Wissenschafter um Lise Estcourt vom John Radcliffe Hospital in Oxford und die Co-Autoren an 129 Krankenhäusern in vier Staaten nahmen insgesamt 2.011 schwerkranke Covid-19-Patienten in kritischem Zustand in die Untersuchung auf.

Durch Zufall wurde bestimmt, dass etwa die Hälfe von ihnen (1.084) zwei Einheiten von Rekonvaleszenten-Plasma innerhalb von 48 Stunden erhielt. 916 Kranke bekamen diese Therapie nicht. Das Durchschnittsalter der Probanden lag bei 61 Jahren.

"Die Studie wurde abgebrochen, nachdem das vorher festgelegtes Kriterium für Sinnlosigkeit (der experimentellen Therapie; Anm.) erreicht worden war", heißt es in JAMA. So gab es keinen signifikanten Unterschied zwischen den beiden Gruppen in der Zahl der Tage, während derer die Erkrankten nicht Organ-unterstützende Therapien benötigten (künstliche maschinelle Beatmung etc. innerhalb von drei Wochen; Anm.). Die Sterblichkeit war mit 37,3 Prozent (401 Todesfälle bei 1.075 Patienten) in der Plasmatherapie-Gruppe de facto gleich mit jener in der ohne dieser Behandlung (38,4 Prozent; 347 Erkrankte von 904 verstorben).

In allen zwölf gemessenen Parametern gab es für die beiden Gruppen gleiche Resultate. Hingegen wurde bei drei Prozent der mit dem Spenderplasma Behandelten eine schwere Nebenwirkung registriert, in der Vergleichsgruppe war das bei 1,3 Prozent der Fall.

Die zwischen März vergangenen Jahres und Jänner 2021 durchgeführte Studie ist die zweite große wissenschaftliche Untersuchung zu diesem Thema mit eindeutig negativem Ergebnis bezüglich der Plasmatherapie. In die sogenannte RECOVERY-Studie, die im Jänner dieses Jahres im New England Journal of Medicine publiziert worden ist, waren 10.046 Covid-19-Patienten mit unterschiedlich schwerer Erkrankung zur Hälfte mit Rekonvaleszenten-Plasma behandelt worden. Wie die Autoren um Martin Landray (Universität Oxford) unter anderem mitteilten, lag die Sterblichkeitsrate in beiden Gruppen bei etwa 24 Prozent.

Blut- und Plasmaspenden trotzdem wichtig

Als wahrscheinlichster Grund für diese Fehlschläge wird von Experten das Faktum genannt, dass man offenbar mit der Therapie zu spät begann, um noch den Verlauf der Covid-19-Erkrankung beeinflussen zu können.

Diese Ergebnisse ändern aber keinesfalls etwas daran, dass Blut- und Plasmaspenden weiterhin extrem wichtig für Schwerkranke sind. Aus Spenderplasma werden viele verschiedene potenziell lebensrettende Medikamente (Blutgerinnungsfaktor-Konzentrate etc.) hergestellt, auch zum Beispiel Gewebe-Kleber für den Einsatz in der Chirurgie. Die Therapie mit Rekonvaleszenten-Plasma gegen Covid-19 wurde bisher außerhalb von Studien besonders häufig in den USA eingesetzt. Dort hatten bis März dieses Jahres mehr als 500.000 Patienten diese Behandlungsform erhalten.

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