Parkinson: Gezüchtete Nervenzellen als künftige Therapie?

Bewegungsstörungen wie Zittern zählen zu den typischen Symptomen von Parkinson. Eine Heilung gibt es derzeit noch nicht, aber vielversprechende neue Therapieansätze.
In zwei kleinen Studien erhielten Patienten aus Stammzellen gewonnene Nervenzellen transplantiert. Was Experten dazu sagen.
  • Zwei Studien zeigen, dass aus Stammzellen gewonnene Nervenzellen sicher in das Gehirn von Parkinson-Patienten transplantiert werden können.
  • Diese Studien deuten auch auf klinische Verbesserungen der motorischen Symptome bei Parkinson durch Stammzelltransplantation hin.
  • Weitere und größere Studien sind aber notwendig, um eine Wirksamkeit dieser Therapie eindeutig nachzuweisen.

Rund 25.000 Menschen sind in Österreich von Parkinson betroffen, Tendenz steigend. Bis heute ist Parkinson nicht heilbar, die Symptome sind aber mit medikamentösen und nicht-medikamentösen Therapien gut behandelbar. 

Doch jetzt gibt es erste Fortschritte mit einem komplett neuen Therapieansatz, berichtet das deutsche Science Media Center (SMC): Die Transplantation von aus Stammzellen gewonnenen Nervenzellen in das Gehirn.

Bei Parkinson sterben die dopaminproduzierenden Nervenzellen im Gehirn ab. Die Folgen sind vor allem Bewegungsstörungen  wie Zittern und Steifheit. Medikamente können die Symptome lindern, verlieren aber mit der Zeit an Effekt und verursachen Nebenwirkungen. Deshalb ist jetzt ein Ansatz, mit Zelltherapien die verloren gegangenen Nervenzellen zu ersetzen. Dazu sind jetzt zwei Studien im renommierten Fachjournal Nature erschienen.

Ein US-Forschungsteam um Viviane Tabar vom Memorial Sloan Kettering Cancer Center in New York testete in einer Studie eine Therapie mit aus Embryonen gewonnenen Stammzellen. Diese besitzen die Fähigkeit, sich in fast alle Zelltypen des Körpers entwickeln zu können. Im Labor wurden sie gezielt in eine Vorstufe von Dopamin-produzierenden Nervenzellen umgewandelt. Diese Zellen wurden anschließend in das Gehirn von zwölf Parkinson-Patientinnen und -Patienten transplantiert. Fünf erhielten eine niedrigere, sieben eine höhere Dosis der Zellen. 

Nach 18 Monaten waren keine schweren Nebenwirkungen zu beobachten. Die Zellen überlebten und produzierten Dopamin. Vor allem in der Hochdosisgruppe verbesserte sich die Beweglichkeit. 

Embryonale Stammzellen sind ethisch umstritten, die Forschenden verwendeten aber Zellen einer bereits existierenden Zelllinie, es mussten also keine neuen Zellen gewonnen werden. Diese dann immer weiter kultivierten Zelllinien werden aus einem frühen Embryo gewonnen, der zum Beispiel für eine In-vitro-Fertilisation (IVF) erzeugt und dann für die Forschung gespendet wird.

Ein japanisches Forschungsteam um Ryosuke und Jun Takahashi verwendete für seine Studie eine andere Quelle für die Gewinnung von Stammzellen: Sie entnahmen Blutzellen von einem gesunden Spender und versetzten diese in einen "Stammzell-Zustand" zurück. Anschließend wurden aus diesen Stammzellen gezielt Vorläufer von Dopamin-produzierenden Nervenzellen hergestellt. Diese wurden insgesamt sechs Patientinnen und Patienten ins Gehirn transplantiert

Parkinson-Therapie: Der neue Ansatz scheint sicher zu sein

Beide Studien zeigen, dass die Implantation von derartigen Stammzellen über einen Beobachtungszeitraum von ein bis zwei Jahren sicher und verträglich zu sein scheint, kommentieren vom SMC befragte Experten die Studienergebnisse. Das war auch das primäre Forschungsziel dieser Untersuchungen in einer frühen Phase (Phase 1 bzw. Phase 1/2) - für fundierte Aussagen zur Wirksamkeit sind weitere Studien mit einer größeren Probandenzahl notwendig.

Die zwei unabhängig voneinander publizierten Studien "zeigen erstmals vielversprechende Ergebnisse zur Stammzell-basierten therapeutischen Behandlung der Parkinsonschen Erkankung", heißt es in einem Statement von Franz Edenhofer, stellvertretender Vorstand des Instituts für Molekularbiologie der Universität Innsbruck. "Beide Studien legen nahe, dass aus pluripotenten Stammzellen gewonnene dopaminerge Vorläuferzellen sicher transplantierbar sind, keine Tumoren bilden und klinische Verbesserungen der motorischen Symptome bei Parkinson-Patienten bewirken können."

Neue Parkinson-Studien sind ein wichtiger Meilenstein

Beide Studien würden einen "wichtigen Meilenstein" bei der Entwicklung von Stammzell-basierten Therapien der Parkinson-Erkrankung darstellen, schreibt Edenhofer. Er betont aber auch: Ergebnisse aus klinischen Phase-1 und Phase 1/2-Studien "liefern wichtige Hinweise zur Sicherheit und Machbarkeit neuer Therapien, müssen jedoch in größeren kontrollierten Folgestudien bestätigt werden, um ihre Wirksamkeit und Übertragbarkeit auf breitere Patientengruppen verlässlich beurteilen zu können."

Ein Nachteil beider Verfahren ist laut Paul Lingor, Oberarzt an der Klinik für Neurologie an der TU München, die Notwendigkeit einer das Immunsystem unterdrückenden Therapie. Damit soll eine Reaktion des Immunsystems gegen die Transplantate verhindert werden. Die Nebenwirkungen seien aber meist gut beherrschbar gewesen. 

Und er verweist noch auf einen weiteren Punkt: "Die Zelltransplantation ändert nichts an der Grunderkrankung, die trotz der Transplantation weitergeht." Die Stammzelltransplantation heile die Parkinson-Krankheit nicht, könne aber möglicherweise für viele Jahre einen kontinuierlichen Dopaminersatz garantieren. 

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