Stars leben im Schnitt vier Jahre kürzer
Berühmte Sängerinnen und Sänger leben im Schnitt vier Jahre weniger als nicht-berühmte.
Der Ruhm selbst könnte ein wesentlicher Grund dafür sein, dass Sänger und Sängerinnen eine verkürzte Lebensdauer haben. Stars aus Europa und den USA sterben im Schnitt rund vier Jahre früher als Menschen ohne öffentliche Bekanntheit - ihr Prominentenstatus wirkt sich damit ähnlich stark aus wie bestimmte andere gesundheitliche Risikofaktoren, berichten die Autoren einer neuen Studie der Universität Witten Herdecke in Deutschland.
Ruhm könnte demnach zusätzlich zu berufsspezifischen Risiken ein zentraler Einflussfaktor für die reduzierte Lebenserwartung von Sängerinnen und Sängern in Europa und Nordamerika sein. Die prominenten Künstler lebten im Mittel etwa vier Jahre kürzer als gleichaltrige Personen ohne Starstatus. Die Auswirkungen des Ruhms seien vergleichbar mit bestimmten anderen Gesundheitsrisiken, heißt es.
Berühmte Sängerinnen und Sänger wurden mit weniger bekannten verglichen
Zuvor durchgeführte Untersuchungen haben bereits nahegelegt, dass berühmte Sänger früher sterben als die Allgemeinbevölkerung. Noch ungeklärt sei jedoch, ob der Ruhm selbst, die Arbeitsbedingungen in der Musikbranche oder der typische Lebensstil von Musikschaffenden das erhöhte Risiko verursachen, erklären die Forschenden.
Um dieses Problem genauer zu untersuchen, analysierten sie rückblickend die Sterblichkeit von 648 Sängerinnen und Sängern – jeweils zur Hälfte berühmt und nicht berühmt. Jeder der 324 prominenten Künstler wurde hinsichtlich Geburtsjahr, Geschlecht, Herkunft, ethnischer Zugehörigkeit, Musikgenre und der Rolle als Solokünstler oder Leadsänger einer Band mit einem weniger bekannten Gegenstück abgeglichen.
Die Mehrheit (83,5 %) war männlich, das durchschnittliche Geburtsjahr lag bei 1949 (Spanne 1910–1975). 61 Prozent stammten aus Nordamerika, der Rest aus Europa bzw. Großbritannien. 77 Prozent waren weiß, 19 Prozent schwarz und 4 Prozent gehörten anderen oder gemischten ethnischen Gruppen an.
Prominente Sängerinnen und Sänger wurden im Schnitt 75 Jahre alt
Die meisten Künstler waren dem Rockgenre zuzuordnen (65 %), gefolgt von R&B (14 %), Pop (9 %), New Wave (6 %), Rap (4 %) und Electronica (2 %). Zudem waren 59 Prozent Bandmitglieder, 29 Prozent Solokünstler und 12 Prozent sowohl solo als auch in Bands aktiv.
Die Auswahl der berühmten Sängerinnen und Sänger erfolgte anhand der Top 2.000 Künstler aller Zeiten auf acclaimedmusic.net – einer Datenbank, die weltweite Ranglisten auf Grundlage veröffentlichter Kritiker- und Expertenlisten (ohne Verkaufszahlen oder Publikumsbefragungen) zusammenführt. Es wurden nur Künstler berücksichtigt, die zwischen 1950 und 1990 aktiv waren, sodass ausreichend Daten bis Ende Dezember 2023 zur Verfügung standen. Die Auswertung zeigte: Prominente Sänger und Sängerinnen erreichten im Durchschnitt ein Alter von 75 Jahren, weniger bekannte dagegen 79 Jahre.
Während eine Bandzugehörigkeit im Vergleich zu Solokarrieren mit einem um 26 Prozent geringeren Sterberisiko einherging, veränderte diese Variable den Gesamteinfluss des Ruhms nicht: Berühmte Sängerinnen und Sänger hatten weiterhin ein um 33 Prozent erhöhtes Risiko, früher zu sterben als ihre nicht berühmten Pendants.
Vergleichbar mit gelegentlichem Rauchen
Nur zwei der Stars (0,6 %) wurden erst posthum berühmt. Das erhöhte Sterberisiko setzte erst nach dem Erlangen des Ruhms ein und blieb während der gesamten Zeit der Berühmtheit deutlich bestehen. Dies spreche dagegen, dass Ausgangsbedingungen oder umgekehrte Kausalität – etwa dass frühe Todesfälle den Ruhm erhöhen – verantwortlich seien. Stattdessen scheine das Risiko unmittelbar nach dem Erlangen von Berühmtheit aufzutreten, so die Forschenden.
„Unsere Analysen zeigen insgesamt, dass das erhöhte Risiko besonders nach dem Eintritt in den Ruhm entsteht, wodurch Ruhm als möglicher Wendepunkt für gesundheitliche Risiken – einschließlich Sterblichkeit – erkennbar wird. Über berufliche Faktoren hinaus kann Ruhm die Anfälligkeit einer ohnehin gefährdeten Gruppe weiter verstärken“, erklären sie. Das zusätzliche Risiko durch Ruhm sei mit anderen bekannten Gesundheitsrisiken vergleichbar, etwa mit gelegentlichem Rauchen, das das Sterberisiko um 34 Prozent anhebt.
Da es sich um eine Beobachtungsstudie handelt, lassen sich keine eindeutigen kausalen Schlussfolgerungen ziehen. Zudem weisen die Forschenden darauf hin, dass ihre Stichprobe nicht global war und sich ausschließlich auf Sängerinnen und Sänger bezog, sodass eine Übertragbarkeit auf andere Regionen oder Berufsgruppen – wie Schauspieler oder Sportler – ungewiss ist.
Intensive öffentliche Beobachtung
Eine mögliche Erklärung könnte in „den besonderen psychosozialen Belastungen liegen, die mit Ruhm verbunden sind – etwa intensive öffentliche Beobachtung, ständiger Leistungsdruck und der Verlust von Privatsphäre“. Diese Faktoren könnten psychische Belastungen erhöhen und ungesunde Bewältigungsstrategien begünstigen, wodurch Ruhm zu einer chronischen Belastung werde, die berufliche Risiken verstärke.
Obwohl Ruhm oft hohe finanzielle Sicherheit mit sich bringt – ein Faktor, der normalerweise zu einem gesunden Altern beiträgt –, scheine dieser Vorteil die negativen Auswirkungen des Ruhms nicht auszugleichen.
Ihr Fazit lautet: „Berühmt zu sein scheint derart schädlich zu sein, dass selbst die Vorteile eines hohen sozioökonomischen Status nicht ausreichen, um die Risiken zu kompensieren. Das verdeutlicht die besondere Verwundbarkeit prominenter Personen und weist darauf hin, dass gezielte Unterstützungs- und Schutzmaßnahmen für diese Gruppe notwendig sind.“
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