Krammer: Situation im Herbst "schwierig vorherzusagen"

Krammer: Situation im Herbst "schwierig vorherzusagen"
Vor einigen Wochen noch dachte Virologe Florian Krammer, "dass ab Sommer Ruhe ist. Doch dann ist die Delta-Variante gekommen.

"Schwierig vorherzusagen" ist die Covid-19-Situation in Richtung Herbst für den österreichischen Virologen Florian Krammer. Er habe sich noch vor einigen Wochen gedacht, "dass ab Sommer Ruhe ist. Dann ist die Delta-Variante gekommen und ich traue mich nicht wirklich eine Vorhersage zu treffen", sagte er zur APA. Es sehe eher danach aus, dass sich mehr Infektionen und anteilig weniger Hospitalisierungen einstellen werden. Klar sei, "die Durchimpfungsraten müssen höher werden".

Man habe in Großbritannien oder den Niederlanden gesehen, wie schnell dort vor wenigen Wochen die Fallzahlen in die Höhe geschossen sind, und mittlerweile aber ebenso rasch wieder zurückgehen. Die Anzahl der Toten sei zum Glück im Vergleich zu den Infektionszahlen "minimal. Das hat mit den Impfungen insgesamt zu tun und dass die Hochrisikogruppen im Prinzip stark durchgeimpft sind. Trotzdem ist das aber nicht toll, weil Leute im Krankenhaus landen und natürlich vor allem auch jüngere Leute erwischt werden", sagte der Forscher von der Icahn School of Medicine at Mount Sinai in New York (USA). Auch die Wellen in Frankreich oder Spanien scheinen eine Art Plateau erreicht zu haben. Hier müsse man die Entwicklung sehr genau beobachten.

Krammer: Situation im Herbst "schwierig vorherzusagen"

"Bisschen Alarmismus"

Klar sei, dass in der Diskussion um die Delta-Variante auch "ein bisschen Alarmismus" dabei ist, so der Wissenschafter: "Aber das Virus ist viel infektiöser. Wir sehen Ansteckungen bei Geimpften in höheren Raten. Auch wenn die Leute geimpft sind, haben sie am Anfang sehr hohe Virustiter." Trotzdem diese Konzentrationen bei geimpften Menschen wieder deutlich rascher absinken als bei Ungeimpften, könne es in einem bestimmten Zeitfenster leichter zu Übertragungen kommen. Die Impfungen "wirken nach wie vor recht gut", was sich in den niedrigen Raten an schweren Erkrankungen zeige.

Trotz großer Öffnungsschritte ist in Österreich bisher ein großer Anstieg der Fallzahlen wie etwa in Großbritannien zum Glück ausgeblieben: "Es klettert, aber es klettert langsam." Für Krammer ist es daher sehr schwer abzuschätzen, wie sich die kommenden Wochen gestalten werden. Man sehe, dass die Delta-Variante auch in Kindern eher Infektionen auslösen kann. "Wenn dann die Schule wieder beginnt und die ungeimpften Kinder wieder in den Klassen zusammensitzen, könnte das natürlich zu einem Problem führen", sagte der Virologe.

Das SARS-CoV-2-Virus wirklich loszuwerden sei mittlerweile unmöglich: "Es wird ein saisonales Coronavirus werden, das man managen kann." Wann sich dieser Punkt aber einstellt, sei noch offen, in Ländern mit hohen Impfraten - und voraussichtlich entsprechend wenigen schweren Verläufen - aber einigermaßen abzusehen. Die aktuelle Rate an zumindest Erstgeimpften von um die 60 Prozent hierzulande sei ein Erfolg eher mittleren Ausmaßes. "Das muss man weiter hinauf bringen. Ich würde mir wünschen, dass das gegen 70, 80 Prozent geht."

Letztlich müsse jeder Ungeimpfte damit rechnen, dass er sich in den kommenden Jahren mit allen potenziellen Konsequenzen infizieren wird. Es gelte daher, weiter Anreize zu schaffen, zur Impfung zu gehen - selbst wenn man in manchen Fällen mit einer Bratwurst lockt. Der zur Zeit von einer stärkeren Welle erfasste Süden der USA zeige vielen in Nordamerika wieder die mögliche Dramatik. Das habe die Impfraten auch in anderen Landesteilen wieder etwas erhöht.

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