Tiercoach: Wie Katzen und Hunde unter dem Passivrauchen leiden

Eine Wohnungskatze wird von Zigarettenrauch eingenebelt.
Im Raucherhaushalt sind die Giftstoffe selbst im Fell der Haustiere nachweisbar. Ihr Risiko für Erkrankungen steigt.

„Bei manchen Katzen reicht die Zeit einer kurzen Untersuchung, und ich rieche, dass sie aus einem Raucherhaushalt kommen“, erzählt Tierärztin Katharina Reitl. „Manchmal stinkt das Fell des Patienten so penetrant, dass ich nach einer längeren Operation richtig Kopfstechen bekomme,“ schildert der Zoodoc aus der Ordination Tiergarten Schönbrunn weiter. „Hin und wieder entdecken wir im Zuge eines Routineröntgens einen Schatten auf der Lunge.“ Erkrankungen des Atmungsorgans durch Qualm machen sich oft erst spät bemerkbar, denn Haustiere sind keine Leistungssportler und geraten in der Wohnung nicht so schnell außer Atem. Bedrohliches Asthma dagegen, verursacht durch die Schädigung des Lungengewebes in Kombination mit Allergien, tritt früher zu Tage. Der KURIER-Tiercoach kennt unzählige Beispiele aus der Praxis und weiß: Der Zigarettenkonsum von Haltern bleibt nicht ohne Folgen für die tierischen Begleiter.

Rauchen ist in Österreich die am weitesten verbreitete Sucht. Etwa jeder Fünfte gibt an, täglich zur Zigarette zu greifen. Im langfristigen Vergleich sank die Quote der Nikotinabhängigen; allerdings gab es in den vergangenen Jahren keinen nennenswerten Rückgang mehr. Gerade bei Jugendlichen entwickelt sich ein gegenläufiger Trend. 

Am 31. Mai ist Weltnichtrauchertag

Die Weltgesundheitsorganisation WHO nimmt daher den Weltnichtrauchertag am 31. Mai zum Anlass, um den „Reiz zu entlarven“, der von Nikotinbeuteln und E-Zigaretten ausgeht. Haustiere können davon nur profitieren, legen einschlägige Studien nahe.

„Die gesundheitliche Gefahr für Katze, Hund, Ziervogel und Frettchen rührt in erster Linie vom Passivrauchen her“, sagt Reitl. Wohnungskatzen sind dem blauen Dunst ständig ausgesetzt. Doch auch Felltiere mit Freigang haben kaum Chancen auf eine giftfreie Umgebung. Kratzbaum, Korb und Teppiche bleiben kontaminiert, da hilft kein längeres Lüften. 

Giftstoffe sind in Haaren, Blut und Urin von Haustieren nachweisebar

So wiesen Veterinärmediziner der Universität Mailand 2023 sowohl in den Haaren, als auch im Blut von Hunden Tabakinhaltsstoffe nach. Jahre zuvor hatten bereits Kollegen der Universität Minnesota im Urin von Katzen Nikotin und andere Toxine festgestellt.

Krebserregende Substanzen, dazu Kohlenmonoxid, Blausäure, Stickoxide und Dioxin gelangen nicht nur über die Luft in den Organismus der Haustiere, sondern auch durch die Fellpflege

Krebsgefahr für Hund und Katze steigt durch Passivrauchen

Die Auswirkungen sind fatal. Jüngst kamen US-Wissenschafter in einer Langzeitstudie mit 120 Scottish Terriern zu dem Schluss, dass das Risiko für Blasenkrebs bei den mitrauchenden Hunden sechs Mal höher lag als bei den rauchfrei lebenden Vierbeinern. Bereits in den 1980er-Jahren wurde ein Zusammenhang zwischen langschnauzigen Rassen und Lungenkrebs hergestellt. Bei Katzen verursacht das Passivrauchen doppelt so häufig Lymphknotenkrebs; 2002 veröffentlichte die Universität Massachusetts entsprechende Ergebnisse.

„Im Alltag leidet vor allem der Geruchssinn der Haustiere; er ist viel sensibler als der von Menschen“, sagt Reitl. Dass Rauch die Nasenschleimhäute reizt, weiß die Hundebesitzerin auch aus Erfahrung. Ihre Vierbeiner, die Zigarettenrauch nicht gewöhnt sind, niesen sogar, wenn Schwaden im Freien an ihnen vorbeiziehen. 

Vergiftungen durch Nikotin sind im Alltag kein Problem

Rote Augen und Bindehautentzündungen, die immer wieder als mögliche Nebenwirkung des Passivrauchens genannt werden, sieht die Tierärztin „extrem selten“

Ebenso wenig sind Vergiftungen durch den Konsum von Nikotin in ihrem beruflichen Alltag Thema: „Es ist richtig, dass geringe Mengen Nikotin für Vierbeiner tödlich sein können – nur fressen Haustiere in der Regel keinen Tabak.“ Ein Verdachtsfall, bei dem ein Welpe die typischen Symptome wie Zittern, Erbrechen, beschleunigten Herzschlag zeigte, konnte letztlich nicht bestätigt werden.

Für den KURIER-Tiercoach steht dennoch fest: „Raucher sind in der Pflicht, auf ihre Schützlinge Rücksicht zu nehmen; das ist tierschutzrelevant. Niemandem sollte heute mehr einfallen, sein Tier im Rauch sitzen zu lassen.“

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