Kalorienwerte auf Verpackungen: Beeinflusst das die Kaufentscheidung?
Kalorienangaben auf Speisekarten können zur Wahl einer kalorienärmeren Mahlzeit verleiten, zeigt eine Studie.
Ob Müsli, Fruchtjoghurt, Limonade oder Frischkäse: Das Gros der Nahrungsmittel, die wir täglich essen, kaufen wir verpackt. Seit etwas über acht Jahren müssen in Österreich – und der gesamten EU – Informationen zum Kalorien- und Nährwert auf vorverpackten Lebensmitteln schwarz auf weiß dargelegt werden.
In Belgien, Frankreich, Deutschland, Luxemburg oder den Niederlanden findet sich auf Lebensmittelverpackungen teilweise ergänzend dazu der sogenannte Nutri-Score, der die Nährwertqualität anhand von Kategorien kennzeichnen soll. Derzeit ist der Nutri-Score in österreichischen Supermärkten nur auf importierten Lebensmitteln zu finden. In den genannten Ländern markieren Hersteller ihre Produkte freiwillig damit. Heimische Fachleute betonen allerdings immer wieder, dass der Nutri-Score ein verzerrtes Bild davon liefern könne, was gesund ist und was nicht.
Lenkungseffekte durch Kalorienwerte?
Ein Problem, denn derartige Angaben sollen eigentlich für mehr Transparenz sorgen und Konsumentinnen und Konsumenten letztlich auch dabei unterstützen, den Nährstoff- oder Energiegehalt von Speisen und Getränken besser einzuschätzen.
Doch lenken reine Kalorienangaben die Kaufentscheidung überhaupt in eine kalorienärmere Richtung? Dieser Frage hat sich nun ein Cochrane-Forschungsteam aus Großbritannien gewidmet. Die Cochrane Collaboration ist ein weltweites, unabhängiges Netzwerk aus Wissenschafterinnen und Wissenschaftern. Es setzt sich dafür ein, dass Entscheidungen zu Gesundheitsfragen auf Basis solider und aktueller wissenschaftlicher Evidenz getroffen werden.
Man wertete 25 Einzelstudien zu den Auswirkungen einer Kalorienkennzeichnung auf die Auswahl, den Kauf und den Konsum von Lebensmitteln aus. Der Großteil der Erhebungen fand in realen Umgebungen statt, in denen Menschen üblicherweise Nahrungsmittel kaufen oder konsumieren, etwa in Restaurants, Kantinen und Supermärkten. In Summe gingen in die Analyse Daten von über 10.000 Personen aus Ländern wie Kanada, Frankreich, Großbritannien und den USA ein.
Pro Mahlzeit im Schnitt 1,8 Prozent weniger Kalorien ausgewählt
Es zeigte sich, dass Kalorienangaben tatsächlich zu einer leichten Reduktion der gewählten Kalorienmenge führen. Konkret: Pro Mahlzeit werden im Durchschnitt 1,8 Prozent weniger Kalorien ausgewählt. Das entspricht bei einer Mahlzeit von 600 Kalorien etwa elf Kalorien, vergleichbar mit zwei Mandeln. Möglicherweise wirkt sich das auch auf den Konsum aus, indem pro durchschnittlicher Mahlzeit 35 Kalorien weniger aufgenommen werden.
Auch wenn diese Einsparungen bei einzelnen Mahlzeiten oder Einkäufen gering sind, könnten kleine, tägliche Änderungen dazu führen, dass sich beispielsweise eine häufig mit zunehmendem Lebensalter eintretende Gewichtszunahme abschwächt. Das ist aber laut den Cochrane-Fachleuten Spekulation, Daten dazu fehlen.
Risiken und Nebenwirkungen
Bedenken hinsichtlich möglicher Auswirkungen auf gefährdete Gruppen, etwa Menschen mit Essstörungen, bleiben unterdessen bestehen. In der Übersichtsarbeit wird festgehalten, dass es zu wenige Daten zu möglichen negativen Auswirkungen gibt, einschließlich der Folgen für das mentale Wohlbefinden. Es bleibt daher offen, ob die geringe, potenziell langfristig bedeutsame Wirkung auf die Lebensmittelauswahl mögliche negative Auswirkungen aufwiegt.
Neben der Kalorienkennzeichnung werden in Österreich immer wieder auch andere Maßnahmen diskutiert, die zu gesünderer Ernährung motivieren sollen, etwa eine Zuckersteuer oder Werbebeschränkungen.
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