Ich will einfach glücklich sein – warum gelingt mir das oft nicht?

Ausgetreckte Hand, die nach der Sonne greift
Glück gelingt nicht, wenn wir es um jeden Preis erzwingen wollen. Wer ständig prüft, ob er schon glücklich ist, verliert den Blick für das, was gerade da ist, sagt Psychologin Prof. Dr. Tatjana Schnell.

Manchmal scheint es so einfach: Ich will glücklich sein. Und doch entgleitet mir dieses Gefühl immer wieder. Stattdessen fühle ich mich gestresst, weil ich es einfach nicht hinbekomme, die Sache mit dem Glück. 

Was kann man tun?

Unsere Gesellschaft legt nahe, dass Glück erreichbar ist, wenn wir uns nur genug bemühen. Es gibt unzählige Bücher, Podcasts und Apps, die versprechen: So wirst du glücklicher. Doch genau dieser Druck, glücklich sein zu sollen, kann das Gegenteil bewirken. Er vermittelt uns das Gefühl zu scheitern, wenn wir nicht – wie offenbar fast alle anderen, vor allem in den sozialen Medien, – voller Freude durch das Leben tanzen. So fühlen wir uns nicht nur nicht glücklich, sondern darüber hinaus auch unzulänglich, oder gar depressiv. 

Das haben psychologische Studien der University of California, Berkeley eindrucksvoll belegt. Sie zeigten, dass Menschen, die das Glück überbetonen, weniger Glück erleben als jene, für die das Glück nicht so zentral ist. Wer Glück für sehr wichtig hält, ist unzufriedener, depressiver und einsamer. Wie kann das sein?

Während wir uns in der Erwartung des Glücks beobachten, stoßen wir auf viele Momente, die sich anders anfühlen: anstrengend, traurig, ärgerlich, neutral… Wo das Glück aber das große Ziel ist, ist alles andere unerwünscht. Dann stören diese anderen Gefühle und rufen sogenannte Meta-Emotionen hervor: Ich bin unglücklich darüber, nicht glücklich zu sein. Was für ein Teufelskreis!
Toxic positivity ist häufig die Folge: negative Gefühle und schwierige Erfahrungen werden verdrängt oder verharmlost mit dem Ziel eines optimistischen, glücklichen Lebens. Da unangenehme Gefühle aber oft gute Gründe haben, führt diese Verleugnung des Negativen zu einem Gefühl der Entfremdung von uns selbst. Ebenso verflacht sie unser Miteinander, wenn für Schmerzhaftes kein Raum mehr ist. 
Prinzipiell hegen wir einige Annahmen, die auf den ersten Blick richtig erscheinen, aber tatsächlich unserem Glück im Weg stehen. Wir gehen etwa davon aus, dass bestimmte Ereignisse eintreten müssen, damit wir glücklich sein können. Für die einen ist es das neue Auto oder die Beförderung, andere setzen auf die Hochzeit oder die Traumfigur. Hier zeigen Studien, dass das Eintreten solcher Ereignisse kurzfristig unsere Stimmung heben kann, wir uns aber schon sehr bald wieder daran gewöhnen: Unser Wohlbefinden pendelt sich wieder da ein, wo es zuvor war. Die Psychologie spricht hier von einer hedonistischen Tretmühle.

Die Forschung macht also deutlich: Glück gelingt nicht, wenn wir es um jeden Preis erzwingen wollen. Wer ständig prüft, ob er schon glücklich ist, verliert den Blick für das, was gerade da ist. Anstatt dem großen Dauer-Glücksgefühl hinterherzujagen, entsteht Glück vor allem dann, wenn wir uns auf dieses Leben einlassen, in all seiner Vielschichtigkeit. Mit offenen Augen für das, was bereits da ist, oder was notwendig ist. Das kann heißen, ein ehrliches Gespräch zu führen, beim Sport ins Schwitzen zu kommen, beim Musizieren die Zeit zu vergessen oder jemandem zu Hilfe zu kommen. Glück ist dann kein Zustand, den man ein für alle Mal erreicht, sondern ein Nebeneffekt, wenn wir das tun, was wir für wichtig und richtig halten. Wer sich von der Idee verabschiedet, immer glücklich sein zu müssen, schafft paradoxerweise die besten Voraussetzungen, Glück überhaupt zu erleben.

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